In Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen sind durch Zufall parallel Neubauten für die Stadtwerke entstanden. Besuche an zwei Orten, die wegweisend sein wollen.

Filderstadt/Leinfelden-Echtderdingen - Beinahe majestätisch erhebt es sich über die Dächer Sielmingens, neckisch blinkt die Glasfassade, an der Wand grüßt ein blau-rotes Logo. Zugegeben: Ein bisschen wie aus einer Science-Fiction-Serie entsprungen wirkt es schon, das neue Domizil der Stadtwerke Filderstadt an der Seestraße.

 

Auf der Kommandobrücke des neuen Sielminger Raumschiffs könnte man darauf nicht stolzer sein: Wenn der Geschäftsführer Jan Meier und sein Technischer Leiter, Markus Listl, von dem neuen Verwaltungsbau sprechen, überbieten sie sich mit Superlativen. „Einen neuen Eingang für Sielmingen“ habe man erschaffen; ein Blickfang, der geradezu „ortsbildprägend“ sei, findet Markus Listl. „Wir sind sehr zufrieden, dass alles so funktioniert, wie wir es uns vorgestellt haben“, sagt Jan Meier.

Das Raumschiff verwurzeln

Noch wird der allerletzte Feinschliff vollbracht: Ein Gehämmer und ein Gebohre dröhnt durch das Gemäuer, auf dem Vorplatz klafft eine große Lücke, in der bald Apfelbäume wachsen sollen – als kleine Reminiszenz an die prägenden Streuobstwiesen in der Region. Sie sollen dabei helfen, das Raumschiff zu verwurzeln: Schließlich wolle man ein offenes Haus sein, sagt der Geschäftsführer. Schon bald plätschert im Foyer deshalb ein Trinkwasserbrunnen und lädt eine Bank zum Verweilen ein. Es sei denn, eine Pandemie wirft alles durcheinander.

Die Freude über den Neubau trübt Corona allerdings kaum. „Das alte Verwaltungsgebäude musste einfach ersetzt werden, das war ja nur ein umfunktioniertes Wohnhaus“, erinnert sich Meier. „Ein Mitarbeiter saß quasi in der Küche, der nächste in einem ehemaligen Wohnzimmer.“ 2016 beschloss die Gemeinde, ihren Eigenbetrieb mit einem neuen Zuhause zu beschenken. Zwei Jahre später rollten die Bagger.

Beinahe in Eigenregie

Die Bauleitung übernahmen Meier und Listl damals beinahe in Eigenregie. Eine spannende Erfahrung sei das gewesen, erzählen sie heute. „Das ist eine Aufgabe, die dich teilweise bis in den Schlaf verfolgt“, berichtet Listl. Nach stundenlangen Sitzungsmarathons scheinen sie ihre Pflicht erfüllt zu haben. „Wir haben die Bauzeit fast genau eingehalten und sind im finanziellen Rahmen geblieben“, sagt Listl.

Der Zufall will es, dass die nächste Leidensgeschichte eines städtischen Stadtwerks keine zehn Kilometer entfernt in Leinfelden-Echterdingen liegt. Ein kurzer Blick in das alte Verwaltungsgebäude an der Weidacher Steige lässt erahnen, warum Betriebsleiter Peter Friedrich seinen neuen Standort sogar als „Meilenstein“ bezeichnet: In dem ehemaligen Wohnhaus empfängt einen der Mief der 1960er Jahre. Von den Teppichböden grüßen modrige Kaffeeflecken, so manche Fensterscheibe baumelt nur noch lose in den Angeln.

Bauliche Besonderheiten

Nun muss der Betriebsleiter in seinem E-Auto nur wenige Kilometer weiter düsen, um in der Zukunft zu landen: Der 6,8 Millionen teure Neubau an der Benzstraße, der im März eingeweiht wurde, kommt deutlich moderner daher – Kaffeeflecken sucht man hier vergebens.

„Faszinierend“ ist das Wort, das Peter Friedrich besonders gern benutzt, wenn er durch die neuen Räume führt. Immer wieder garniert er damit bauliche Besonderheiten, erläutert ein Detail, preist das nächste an. „Jede Linie an der Wand stimmt genau mit dem Rest des Hauses überein. Das ist eine perfekte Symmetrie“, sagt er an einer Stelle, nicht ohne ein „Faszinierend“ hinterher zu schieben.

Stolze Filderstädter Bauherren auf der einen, der euphorische Peter Friedrich in Leinfelden-Echterdingen auf der anderen Seite – entbrannte da während der Bauzeit keine Rivalität? „Mein Ziel war nie der Konkurrenzkampf. Wir haben nur mit Blick auf das Gebäude, seinen Nutzen und seine Nachhaltigkeit geplant“, sagt Peter Friedrich. In Filderstadt sieht man das ähnlich, demnächst möchte Jan Meier seinen Kollegen aus Leinfelden-Echterdingen an die Seestraße einladen.

Er schwärmt von den Sonden im Erdreich

Ein Thema wird die Stadtwerksdirektoren dann sicherlich besonders umtreiben: Sobald sie in die energetischen Herzkammern ihrer Neubauten vordringen, ist eine Flutwelle an Fachbegriffen nicht mehr abzuwenden. Mit leuchtenden Augen zeigt Peter Friedrich dann auf die Kühlungsanlage im Keller und schwärmt von den Sonden im Erdreich, die das Haus klimaschonend versorgen. Damit möchte er den Klimaschutz auch in den eigenen vier Wänden vorleben. „Im alten Gebäude hatten wir einen dreifach so hohen Energieverbrauch wie im neuen, und das nur auf einem Drittel der Fläche.“

In Filderstadt ist man gar einen Schritt weiter gegangen: Die Haustechnik bleibt hier künftig keinem Besucher mehr verborgen, sondern lädt gleich im Foyer zum Staunen ein. „So können wir dem Kunden direkt am eigenen Objekt erläutern, was wir ihm empfehlen“, erklärt Jan Meier. Auch hier handelt es sich um modernste Technik: Mit dem Neubau hat man den Klimaschutz laut Meier praktisch vollzogen. Künftig möchte er das auch Besuchergruppen erzählen, einen offiziellen Tag der offenen Tür hat die Pandemie jedoch unmöglich gemacht.

In Leinfelden-Echterdingen sieht es ähnlich aus: Wie gerne hätten sie dort das neue Schmuckstück öffentlich vorgestellt, meint Peter Friedrich. Kaum neu gebaut, hat die Pandemie nun schon ihre Spuren hinterlassen: Die eingeplanten Sozialnischen sind verwaist, aus Konferenzräumen wurden Corona-Einzelbüros. Da kann selbst ein Geschäftsführer nur mit den Achseln zucken – und auf bessere Zeiten hoffen. Bestens gewappnet seien sie dafür allemal. Daran lässt Peter Friedrich keinen Zweifel.