An diesem Freitag erscheint der von Til Schweiger produzierte Dokumentarfilm über das Leben des Weltmeisters Bastian Schweinsteiger – es ist ein warmherziges und oft lustiges Stück voller Dramen und Emotionen.

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart - Das Ende des Films passte dem Hauptdarsteller nicht so recht. Als Bastian Schweinsteiger (35) drüberschaute über das Werk, das ihm der Produzent und Kumpel Til Schweiger zugeschickt hatte, wollte er die Schlussszene raus haben. Der Dokumentarfilm über den Weltmeister, das war Schweigers Plan, endet in einer Kabine in Orlando, wo Schweinsteiger seinen Teamkollegen von Chicago Fire nach dem Schlusspfiff mitteilt, dass das sein letztes Spiel war. Nur kurz kann der Weltmeister bei der Verkündung seines Karriereendes die Fassung bewahren. Bald ist die Stimme tränenerstickt. Schweinsteiger übermannen die Emotionen.

 

Dass das Publikum die Szenen der Abschiedsrede nun auch sehen kann, war den Überredungskünsten Schweigers, der mit Schweinsteiger seit einigen Jahren befreundet ist, geschuldet. „Ich habe mit Til hin und her geschrieben. Er hat mich überzeugt, dass das auch dazu gehört“, sagt Schweinsteiger. Zuvor betonte er: „Ich denke niemand sieht sich selbst gerne weinen.“

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In der Hinsicht allerdings musste Schweinsteiger in der letzten halben Stunde des Films, der von diesem Freitag an im Streamingdienst Amazon Prime Video zu sehen ist, tapfer sein. Denn weinend sah er sich da nicht nur nach seinem letzten Spiel als Profi in den USA. Sondern auch nach seinem Höhepunkt, dem Gewinn des WM-Finals 2014 in Rio – nach diesem epischen Kampf gegen Argentinien, bei dem sich Schweinsteiger auch von den rund 47 Tritten und 35 Ellbogenschläge der Gegenspieler nicht unterkriegen ließ, vornwegmarschierte (oder besser: humpelte) und so blutüberströmt zum Helden wurde.

Tränen auch bei der Hochzeit

Am Ende, kurz nach dem Schlusspfiff, bricht Schweinsteiger fast zusammen. Körperlich am Ende, und doch beseelt vom Triumph, aufgefangen von Thomas Müller. Ikonische Szenen sind das, ergreifender als jeder Film – klar, dass Schweiger diese Sequenzen nach dem Schlusspfiff breit einbaut. Es ist sein bester Film im Film. Und auch hier gibt es: Schweinsteiger-Tränen.

So wie zwei Jahre später bei der Hochzeit mit Ana Ivanovic, dem ehemaligen serbischen Tennisstar, in Venedig, die Schweinsteigers alter Skifahrerkumpel Felix Neureuther im Film so beschreibt: „Die ganze Kirche hat auf die Ana geschaut. Nur einer nicht, und das war ich. Weil ich hab’ auf den Basti geschaut– der hat Rotz und Wasser geheult.“ Als Beweis gibt es exklusive Hochzeitsaufnahmen. Auch die mit den Tränen.

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Emotional und intim ist dieser Dokustreifen über Schweinsteiger, einen der größten deutschen Fußballer der Geschichte. „Schw31ns7eiger: Memories – Von Anfang bis Legende“ – so haben Produzent Schweiger und seine Crew das Werk genannt, in Anlehnung an Schweinsteigers Trikotnummern. Mit der 31 lief er für den FC Bayern auf, im Nationalteam war es die 7. Und auch der Titel erscheint stimmig, denn der Streifen ist voller Erinnerungen.

So kommentiert Uli Hoeneß, Ehrenpräsident des FC Bayern, die wichtigsten Szenen der 18-jährigen Laufbahn Schweinsteigers ebenso launig wie der ehemalige Kabinennachbar Oliver Kahn. Auch Bayerns Triple-Trainer Jupp Heynckes, Thomas Müller, Lukas Podolski und Miroslav Klose liefern Anekdoten – und auch Ana Ivanovic darf nicht fehlen. Sie verrät, was der erste Satz war, den ihr späterer Mann ihr mit Blick auf mögliche Nebenbuhler auf Deutsch beigebracht hat: „Nein Danke, ich bin glücklich verliebt.“

Bei Neureuther blüht der Flachs

Nicht nur da sitzt Schweinsteiger der Schalk im Nacken. Der Film zeigt ihn als humorvollen Typen, der zwar längst ein gemachter Mann ist – aber eben immer auch der Lausbub aus Oberaudorf geblieben ist. Oder anders: Der Bastian ist immer noch der Basti. Auch, als er über die Faszination beim Kicken spricht und betont, dass er doch viel lieber ein Fußballspiel liest als Bücher.

Im Abspann kommt dann mit Felix Neureuther wieder der andere Lausbub ins Spiel, der über seinen Kumpel Schweinsteiger sagt, dass der immer so seriös rüberkomme – und dann auf bayerisch ergänzt: „So isser gar net.“ Dann gibt es eine Situationskomik: „Von dem gibt‘s Handyvideos….“ Nachfrage Interviewer: „Hast du die?“ Neureuther, breit grinsend (und lügend): „Nein!“

Warmherzig also ist dieser Film, oft lustig – und, nun ja, er bietet qua Schweinsteigers Karriere ja schon das Drehbuch, da hatten Schweiger und sein Team leichtes Spiel. Die große Trauer nach dem in München verlorenen Champions-League-Finale 2012 gegen den FC Chelsea samt Schweinsteiger-Fehlschuss im Elfmeterschießen bietet die für den Protagonisten schlimme Grundlage für den Aufstieg vom Boden nach oben – zuerst zum Gewinn des Triples 2013, dann zum WM-Titel 2014. Schweinsteigers Fußballerleben, es ist ein Drama mit Happy End.