Mit glamouröser Frühlingsstimmung an der Côte d’Azur möchte das Filmfestival in Cannes aus der Pandemie zurückkehren – doch Russlands Angriffskrieg wirft Schatten.

Mondäne Frühlingsstimmung an der Côte d’Azur, ohne Tests und Masken , dafür mit Stars wie Tilda Swinton, Tom Cruise, Austin Butler – so hat der Festivalleiter Thierry Frémaux sich das vorgestellt. Doch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine überschattet Cannes. „Z“ wie „Zombie“ hieß der Eröffnungsfilm von Michel Hanavicius, eine Komödie, in der reale Untote einen Horror-Film-Dreh stören. Weil das „Z“ zum russischen Propaganda-Symbol geworden ist, trägt der Film nun den Titel „Final Cut“.

 

Ukrainische Forderungen, russische Filme zu bannen, hat Frémaux abgewiesen: Man entscheide „von Fall zu Fall“. Nun läuft „Tschaikovsky’s Wife“ von Kirill Serebrennikov im Wettbewerb. Der Russe ist dem Hausarrest in Moskau entkommen, lebt in Berlin und wird anreisen. Sein Film erzählt vom Komponisten Pjotr Tschaikowski und seiner Frau, die er heiratete, um seine Homosexualität zu verbergen.

Ukrainische Beiträge über den Krieg

In der Sektion „Un certain regard“ läuft der ukrainische Beitrag „Butterfly Vision“ von Maksim Nakonechnyi. Darin kämpft eine ukrainischen Freiheitskämpferin mit den Traumata aus russischer Haft im Donbass. Eine Sondervorführung bekommt „Mariupol 2“, ein Dokumentarfilm des litauischen Mantas Kvedaravicius, der Anfang April in Mariupol von russischen Streitkräften ermordet wurde. Gegen den Strich untersucht der ukrainische Regisseur Sergej Losniza („Donbass“) in „The Natural History of Destruction“, ob die massiven Luftangriffe der Alliierten auf Deutschland im Zweiten Weltkrieg legitim waren.

Im Wettbewerb um die Goldene Palme mischen Stammgäste mit wie die belgischen Brüder Jean und Luc Dardenne, der Japaner Hirokazu Koreeda, der Schwede Ruben Östlund. Der Pole Jerzy Skolimowski (84) zeigt in „EO“ mit Isabelle Huppert menschliche Dramen entlang des Lebensweges eines Esels, der Kanadier David Cronenberg (79) wirft in „Crimes of the Future“ einen düsteren Blick in die Glaskugel. Der Amerikaner James Gray präsentiert „Armageddon Time“, ein Drama über die Reagan-Ära mit Anthony Hopkins und Anne Hathaway, der Franzose Arnaud Desplechin „Brother and Sister“ mit Marion Cotillard und Melvil Poupaud, die sich als Geschwister zusammenraufen.

Tom Cruise soll für Glamour sorgen

Frauen sind einmal mehr in der Minderheit an der Croisette, neben Claire Denis, Valeria Bruni-Tedeschi (beide F) und Kelly Reichardt (USA) ist Emily Atef („3 Tage in Quiberon“) dabei. Die Berlinerin mit französischen Wurzeln bringt den einzigen deutschen Beitrag nach Cannes, das Krankheitsdrama „Mehr denn je“ mit Vicky Krieps und dem im Januar verunglückten Gaspard Ulliel.

Außer Konkurrenz für Glamour sorgen soll unter anderen Tom Cruise, der Jahrzehnte später wieder in den Kampfjet steigt im zweiten Teil von „Top Gun“. Der Australier Baz Luhrman zeigt sein Biopic „Elvis“ mit Austin Butler als Elvis Presley. Und Tilda Swinton stürzt sich mit Idris Elba in die Romanze „Three Thousand Years Of Longing“.