Die sechzehnjährige Suzanne wird ins Kloster gezwungen. Das ist im 18. Jahrhundert kein Ort, an dem Menschenrechte gelten. Suzanne wird schikaniert, gedemütigt und sexuell bedrängt. Der Regisseur Guillaume Nicloux inszeniert das hart, aber unaufgeregt.

Stuttgart - Der Umgang der katholischen Kirche mit Menschen und Verfehlungen ist ein höchst aktuelles Thema. Der Regisseur Guillaume Nicloux („Eine ganz private Affäre“) aber schaut zurück. Er hat sich einen Briefroman des Aufklärers Denis Diderot (1713–1784) vorgenommen, der sich mit den Strukturen in einem Klosters beschäftigt. „Die Nonne“ erzählt die Geschichte der sechzehnjährigen Suzanne (Pauline Étienne), die gegen ihren Willen das Gelübde ablegen muss. In der Oberin Madame de Moni (Françoise Lebrun) findet sie aber eine Stütze.

 

Nach deren Tod jedoch etabliert die Nachfolgerin (Louise Bourgoin) ein sadistisches Regiment, das jede individuelle Regung im Keim erstickt. Der Film zeigt die brutalen Exempel, die an Suzanne statuiert werden. Nachdem sie ihre Verlegung in ein anderes Haus erwirkt hat, muss sich Suzanne dort gegen die Liebesbezeugungen ihrer neuen Mutter Oberin (Isabelle Huppert) wehren. Sie bereitet ihre Flucht vor.

Der Lohn der Strapazen

Nicloux bemüht sich trotz der Härte des Stoffs um eine unaufgeregte Erzählweise. Die Einstellungen sind ruhig, die Ausstattung schwelgt nicht in Opulenz. Musik und Dialoge werden sehr sparsam eingesetzt. Allerdings ist die Abfolge der Grausamkeiten und Demütigungen auch so auf Dauer schwer zu ertragen. Dass er nicht den Blick abwendet, ist ein Verdienst des Films, der dem Publikum freilich viel zumutet. Doch für die Strapazen des Mitleidens werden wir entlohnt. Anders als Jacques Rivette, der 1966 dieselbe Vorlage mit einem trostlosen Ende versah, gibt Guillaume Nicloux seiner Suzanne eine Chance. Der Schluss bleibt offen und lässt Hoffnung auf eine Zukunft ohne Zwang.

Die Nonne. Frankreich, Deutschland, Belgien 2012. Regie: Guillaume Nicloux. Mit Pauline Étienne, Martina Gedeck, Isabelle Huppert, Louise Bourgoin. 114 Minuten. Ab 12 Jahren.

Termin: Am Donnerstag, 31.10., um 19.30 Uhr kommen Regisseur und Hauptdarstellerin zur Filmpremiere bei den Französischen Filmtagen ins Delphi.