Hollywoods Jugendfilme sind einerseits das Düsterste, was man im Kino derzeit finden kann: sie erzählen gern von tyrannischen Zukunftsgesellschaften. Andererseits sind sie optimistisch, so wie dieser: die Zukunft wartet nur auf den richtigen Teenager, der das System erschüttert.

Teenager, die eine postapokalyptisch verkorkste Welt umkrempeln wollen, sind momentan schwer angesagt. Das wohl prominenteste Beispiel: Jennifer Lawrence’ Katniss Everdeen aus der „Hunger Games“-Reihe, die mit radikalen Mitteln ihre scheinbar perfektionierte Gesellschaft zu Fall bringen will.

 

Auch Jonas (Brenton Thwaites) lebt in „Hüter der Erinnerung“ in einem modernen Utopia, einer zentral regulierten Scheinwelt, in der das Chaos menschlicher Selbstbestimmung nebst den Erinnerungen an die Zeit vor dem großen Crash ausgelöscht wurde. Kurz: die Menschen hier haben vergessen, was es bedeutet, Mensch zu sein. Wenn die Kamera durch die Stadtstraßen streift, verharrt das Bild in bedeutungsschwerem Schwarz-Weiß, als hätte man nicht längst verstanden, was für ein Haufen farbloser Schattenwesen hier lebt.

Auf dem Plastikroller ins Heil

Jonas ist der Einzige, der sich den Regeln der Gemeinschaft widersetzen darf. Der Grund: während seine Freunde nach Ende der Schulzeit zu Hebammen und Drohnenpiloten auserkoren werden, ernennt der Ältestenrat ihn zum Nachfolger des Hüters der Erinnerung (Jeff Bridges), der lernen soll, was vor der großen Gleichheit in der Welt los war.

Wie es die Bestsellervorlage von Lois Lowry will, begehrt Jonas gegen das Regime auf. Doch im Gegensatz zu „Hunger Games“ fehlt dem Film von Phillip Noyce („Two Guns“) nicht nur eine ernst zu nehmende kritische Haltung, sondern auch logische Stringenz. Diese klischeeverhaftete Teenieschnulze verkorkst ihre eigene Utopie spätestens dann, als Jonas auf einem Plastikroller über den allseits gefürchteten Abgrund rast und an einem Ort landet, an dem es mehr nach Heimatdoku aussieht als nach postapokalyptischem Chaos – inklusive Weihnachtsbaum und singenden Kindern. So schlimm kann das mit dem Weltuntergang also nicht gewesen sein.