Weltweit rangeln mehr als 70 Länder um internationale Filmproduktionen. Die Filmstudios in Babelsberg schreiben trotz großer Erfolge rote Zahlen. Anderswo gibt es mehr Zuschüsse.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Die Reise zur Oscar-Verleihung nach Los Angeles ist fest eingeplant. Am 22. Februar wollen Carl Woebcken und Christoph Fisser im Dolby Theatre miterleben, wer die wichtigsten Filmpreise der Welt bekommt. Die Chefs der Studio Babelsberg AG in Potsdam sind mit im Rennen, denn gleich für neun Oscars ist „The Grand Budapest Hotel“ nominiert – schon jetzt ein großer weiterer Erfolg für die gesamte deutsche Filmindustrie. Denn US-Regisseur Wes Anderson drehte die Geschichte über den Empfangschef eines altehrwürdigen Nobelhotels mit großem Staraufgebot komplett im sächsischen Görlitz und den Babelsberger Studios, die den Film auch produzierten. Seit der Weltpremiere als Eröffnungsfilm der Berlinale im vorigen Jahr machte „The Grand Budapest Hotel“ viele Schlagzeilen. Davon profitierte nicht zuletzt der Tourismus in Görlitz, wo zuvor schon vielfach ausgezeichnete internationale Kinoerfolge der Babelsberger wie „Der Vorleser“ und „Inglourious Basterds“ entstanden sind.

 

Wie professionell die deutsche Filmbranche arbeitet, beweisen die aktuellen Oscar-Nominierungen ein weiteres Mal. So verwandelt sich das berühmte Jugendstil-Kaufhaus in Görlitz für den Film in ein Nobelhotel. Kulissen, Kostüme und Make-up lassen die Zeit zwischen den Weltkriegen wiederaufleben. Für die aufwendige Produktion heuerten die Studios, die nur rund 100 Menschen dauerhaft beschäftigen, zeitweise mehrere Hundert Filmschaffende aus allen Sparten an. Ein Studio-Sprecher erinnert sich an die turbulente Zeit: „Wir beschäftigten in der Spitze 2500 Menschen gleichzeitig, weil parallel mit ‚Monuments Men‘ von George Clooney und ‚Die Bücherdiebin‘ zwei weitere große Projekte produziert wurden.“ Von solcher Auslastung können die Studiochefs momentan nur träumen. Aktuell herrscht wieder mal Flaute auf dem weitläufigen Gelände an der Havel, wo schon die Ufa und die Defa deutsche Filmgeschichte schrieben.

Mehr als 70Länder rangeln um Produktionen

Das Auf und Ab ist in der risikoreichen Branche nicht ungewöhnlich. Weltweit rangeln mehr als 70 Länder mit ausgefeilten Fördersystemen um internationale Filmproduktionen. In Europa haben derzeit Großbritannien und Ungarn oft die Nase vorn, weil Produzenten dort die meisten finanziellen Vorteile bekommen. In Deutschland dagegen löste die Kürzung der Filmförderung Verunsicherung aus. Zwei Projekte habe Babelsberg deshalb an andere Studios verloren, klagt Studiochef Woebcken und macht auch die politische Debatte dafür verantwortlich, dass die Studios voriges Jahr 2,5 Millionen Euro Verlust machten. Daran konnte auch Regiestar Steven Spielberg nichts ändern, der kürzlich in Potsdam Teile eines neuen Agententhrillers mit Tom Hanks drehte, den die Hollywood-Traumfabrik Dreamworks produziert und an dem Babelsberg als einer der Koproduzenten beteiligt ist. Auch für weitere Fortsetzungen der Fantasy-Reihe „Tribute von Panem“ wurden die Studios als Dienstleister gebucht. Große Filmprojekte entstehen oft an vielen Standorten, weil die Finanziers an jedem Drehort Förderung bekommen können. Viele Länder rund um den Globus haben den Auf- und Ausbau von Studios gefördert, weil erfolgreiche Produktionen eine gute Imagewerbung sind, aber auch Wertschöpfung und Arbeitsplätze bringen. So löste der weltweite Erfolg der Fantasy-Saga „Herr der Ringe“, die zu großen Teilen in Neuseeland entstand, dort einen Aufschwung in der Filmindustrie und im Tourismus aus.

In Deutschland lockt unter anderem der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) des Bundes zwar Produzenten auch mit Zuschüssen, insgesamt standen bisher pro Jahr nur 60 Millionen Euro bereit und der Betrag je Film ist auf vier Millionen Euro begrenzt. Aber auf Antrag können es bis zu zehn Millionen Euro sein. Die Zuschüsse gibt es aber nur, wenn die hiesige Filmbranche ausreichend von der Produktion profitiert, also entsprechend Geld für den Dreh, Studios, Schauspieler und Schauplätze ausgegeben wird. Finanzminister Wolfgang Schäuble wollte die DFFF-Förderung jedoch ab 2015 glatt halbieren. Ein Aufschrei der Filmbranche folgte, der Verlust von 3000 Arbeitsplätzen wurde befürchtet. Schließlich setzte Schäuble eine Kürzung um zehn auf 50 Millionen Euro durch. Ab 2016 könnten es allerdings wieder 60 Millionen Euro sein. Nach Protesten und intensiver Lobbyarbeit der Branche stimmte der Bundesrat Ende 2014 einem Antrag von Brandenburg und Baden-Württemberg zu, die Summe wieder zu erhöhen.

Förderung bringt mehr Steuereinnahmen, als sie kostet

Filmförderung kann auch für den Staat ein gutes Geschäft sein. Zu diesem Ergebnis kam vorigen Herbst eine Studie von Roland Berger im Auftrag der Branche. Demnach bringt die Förderung unterm Strich mehr Steuereinnahmen, als sie kostet: Laut der Studie erwirtschaften Kinofilmproduktionen in Deutschland mehr als 500 Millionen Euro Umsatz pro Jahr, inklusive indirekter Effekte sind es rund 1,4 Milliarden Euro. Das sichere rund 10 000 Arbeitsplätze und bringe 170 Millionen Euro Steuereinnahmen. Die Berater empfehlen daher, den DFFF aufzustocken, Kappungsgrenzen zu beseitigen und die Förderung langfristig festzuschreiben, um Investoren Planungssicherheit zu geben.