Welche Folgen hat die Corona-Pandemie für die Finanzlage von Städten und Gemeinden? Noch ist nichts sicher, aber es sieht eher düster aus. Das berichten die Experten aus vier Kommunen.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

Filder/Schönbuch - Das Jahr 2020 hätte für Filderstadt mit einem ausgeglichenen Haushalt enden sollen. So war einmal der Plan. Doch dann kam Corona – und veränderte alles. Nun rechnet die Stadtkämmerei mit einem Defizit von 4,6 Millionen Euro. Das liegt vor allem an der Gewerbesteuer, die 2020 eingebrochen ist, und zwar um rund 5,2 Millionen Euro, erklärt Rudolf Zultner, stellvertretender Leiter der Kämmerei. Der Grund: geschlossene Läden und Restaurants sowie Kurzarbeit in vielen Firmen. Auch der Anteil, den Kommunen aus der Einkommensteuer erhalten, sei deutlich gesunken.

 

Dazu kommen Mehrausgaben: beispielsweise für Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter der Verwaltung, aber auch Ausgleichsleistungen für coronabedingte Ausfälle. Während der Schließzeiten hat Filderstadt keine Gebühren in den städtischen Kitas erhoben. Die Filharmonie und das Fildorado waren über lange Strecken geschlossen, Unterhaltungskosten gab es, aber keine Einnahmen. Auch diese Beträge müsse die Kommune ausgleichen, so Zultner. Die Waldorfschule benötigte Unterstützung ebenso wie die Familienbildungsstätte. Grundstücksverkäufe, die der Stadt rund fünf Millionen Euro bringen sollten, wurden verschoben und werden voraussichtlich 2021 abgewickelt.

Mehrausgaben für Schutzmaßnahmen

Dazu muss man wissen: Zwei Drittel der öffentlichen Investitionen tätigen in Deutschland die Kommunen. Als Kompensation von Bund und Land seien 7,8 Millionen Euro nach Filderstadt geflossen. Alle Löcher werde man damit freilich nicht stopfen können, so Zultner.

Mit noch größerer Sorge blickt er auf das Jahr 2021. „Wir wissen noch nicht, mit welchen Corona-Schließzeiten wir rechnen müssen“, sagt Zultner. Ebenso unklar sei, ob Steuerausfälle und anderes wieder von Bund und Land kompensiert werden. „Wir rechnen mit einer Verschuldung von neun Millionen Euro.“ Denn: „Selbst wenn alles wieder aufmacht, wenn Fildorado und Filharmonie wieder öffnen können, heißt das noch nicht, dass gleich mit viel Umsatz zu rechnen ist.“ Man könne nicht sagen, ob die Leute dann trotzdem aus Vorsicht zu Hause blieben.

Auch in Steinenbronn führt Corona zu Kopfzerbrechen. Die Gemeinde hat wegen der Schließung von Kitas und Schulen weniger Geld eingenommen, sagt die Vize-Kämmerin Rebecca Wein. Zwar seien Soforthilfen des Landes gekommen, allerdings sei ein Loch von 37 000 Euro geblieben. Wie der Haushalt 2020 schlussendlich aussehen wird, vermag Wein noch nicht zu sagen. „Im Moment scheint es aber so, dass wir 2020 durch die Gelder von Bund und Land gut aufgefangen wurden. Hier ist sicherlich von Vorteil, dass wir eine kleinere Gemeinde sind.“

Für 2021 mag sie noch keine Prognose abgeben

Bei der Gewerbesteuer habe Steinenbronn 2020 noch keinen „enorm hohen Ausfall“ zu beklagen, so Wein. Auch hier habe es Kompensationszahlungen gegeben. „Allerdings darf nicht vergessen werden“, sagt Rebecca Wein, „dass die Auswirkungen bei der Gewerbesteuer erst und vor allem in den kommenden Jahren spürbar werden wird“. Wie groß die Löcher im Haushalt dann sein werden, sei heute noch nicht abzusehen. „Die Vorgehensweise zum Stopfen wird wohl Thema der nächsten Haushaltsberatungen sein.“ Für 2021 mag die stellvertretende Kämmerin auch noch keine Prognose abgeben. „Das hängt von vielen Faktoren ab – wie es mit dem Lockdown weitergeht, wie sich die Wirtschaft entwickelt.“

Fünf Millionen Euro an Gewerbesteuer sind es, die 2020 in Leinfelden-Echterdingen gefehlt haben, sagt der Stadtkämmerer Tobias Kaiser, an Einkommensteueranteilen seien es fast drei Millionen Euro weniger gewesen. Man habe außerdem weniger Vergnügungssteuer eingenommen, da die beiden Bordelle im Ort geschlossen hatten, sowie Einrichtungen wie die Volkshochschule unterstützt und dadurch zusätzliche Ausgaben gehabt.

Als Kompensation für die Gewerbesteuer seien 13 Millionen Euro von Bund und Land geflossen. Die Berechnung, erklärt Kaiser, sei Mitte des Jahres 2020 gemacht worden, nach dem damaligen Stand und unter Einbeziehung des Durchschnitts der vergangenen drei Jahre. „Da haben wir ja regelmäßig Rekorde bei der Gewerbesteuer eingefahren.“ So erkläre sich der höhere Betrag.

Kämmerer befürchtet: Das dicke Ende kommt noch

Wie genau der Abschluss 2020 aussehen wird, kann Kaiser noch nicht sagen. „Wir werden Rückstellungen bilden müssen, außerdem zählt die Kompensation wie eingenommene Gewerbesteuer, das heißt, wir werden in einigen Jahren Umlagen dafür bezahlen müssen.“ Ein Minus werde bleiben. Er befürchtet wie sein Filderstädter Kollege: „Das dicke Ende kommt noch.“ Es sei völlig unklar, wie sich das Jahr 2021 entwickeln werde. In Leinfelden-Echterdingen plane man derzeit mit einem Defizit von 18 Millionen Euro – das sind also keine schönen Aussichten.

Glimpflich davongekommen ist Waldenbuch mit Blick auf das Jahr 2020. Mit einem Plus von 200 000 Euro statt des erwarteten Defizits von 900 000 Euro wird der Haushalt abgeschlossen, sagt Kämmerer Werner Kiedaisch. Das läge an den Corona-Soforthilfen des Landes, vor allem an der Gewerbesteuer-Kompensation. „Bei uns hat es keinen Gewerbesteuer-Ausfall gegeben“, sagt Kiedaisch, das läge an Nachveranlagungen und den Vorauszahlungen der Betriebe: „Viele Waldenbucher Betriebe haben ihre Vorauszahlungen nicht nach unten korrigiert.“

Auch 2021 brauche es wieder Hilfen vom Land

Dafür „wird es uns 2021 und 2022 erst recht erwischen“, meint der Kämmerer. Für 2021 rechnet er mit einem Defizit von 1,3 Millionen Euro. „Wir sind dankbar für die Corona-Soforthilfen des Landes, werden diese aber 2021 wieder brauchen.“