Weitere zwölf Milliarden Euro stehen nach Einschätzung des Grünen-Politikers Schick noch im Feuer. Er beruft sich auf Zahlen der Bundesregierung, auf deren Basis er allerdings weitere Berechnungen anstellte. Es handelt sich um eine vorläufige Bilanz zehn Jahre nach der Finanzkrise.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Kosten für die Rettung deutscher Banken während der Finanzkrise belaufen sich auf mindestens 68 Milliarden Euro. Das geht aus Berechnungen des Grünen-Politikers Gerhard Schick hervor, der zehn Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers am Freitag eine vorläufige Bilanz der Kriseninterventionen veröffentlichte. Weitere zwölf Milliarden Euro stünden noch im Feuer, schreibt der Mannheimer Bundestagsabgeordnete auf seiner Website. In der Tabelle darunter sind sogar offene Risiken in Höhe von 13 Milliarden Euro ausgewiesen – hier wurden allerdings noch schwebende Garantien für die SachsenLB aufgenommen, deren Abwicklung mittlerweile abgeschlossen ist.

 

Die übrigen Restrisiken entstehen durch zwei Faktoren: Die Abwicklung der in der Krise untergegangenen Landesbank WestLB ist noch nicht abgeschlossen. Außerdem ist der Bund über den Finanzmarktstabilisierungsfonds FMS noch an der Commerzbank beteiligt. Wann und ob der Staat die für das Aktienpaket gezahlten 1,8 Milliarden Euro zurückbekommt, ist angesichts der schlechten Kursentwicklung fraglich: „Es bestehen weiterhin Kursrisiken aus der Aktienbeteiligung an der Commerzbank AG“, heißt es dazu in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage Schicks, auf der die Zahlen basieren. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet.

Der größte Brocken war die Hypo Real Estate

Am teuersten kam die Steuerzahler die Rettung des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate zu stehen, die nach Schicks Berechnungen über 20 Milliarden Euro verschlang. Auf Platz zwei rangiert mit elf Milliarden Euro die HSH Nordbank, dicht gefolgt von einer weiteren Landesbank – der BayernLB mit rund zehn Milliarden Euro. Knapp neun Milliarden Euro kostete die Stabilisierung der Industriekreditbank IKB, die 2007 als erstes Kreditinstitut in Deutschland in den Sog der Krise am US-Immobilienmarkt geriet.

Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) erhielt vom Land, den hiesigen Sparkassen und der Stadt Stuttgart im Jahr 2009 Kapitalspritzen von insgesamt fünf Milliarden Euro. Davon zahlte die LBBW im April 2014 allerdings eine Milliarde zurück. Da die Kapitalgeber für ihre Anteile außerdem Dividenden einstreichen, beziffert Schick die Kosten für den Steuerzahler zum aktuellen Zeitpunkt auf 3,2 Milliarden Euro. Nicht eingerechnet sind Garantien, die von Land und Stadt vorsorglich gestellt, aber nie abgerufen wurden.

Profitiert hat die LBBW allerdings auch von Garantien für die SachsenLB, die 2007 von den Stuttgartern übernommen wurde. Der Freistaat Sachsen hatte damals für den Ausfall riskanter Papiere einen Garantiefonds über 2,75 Milliarden Euro eingerichtet, von denen 1,9 Milliarden Euro in Anspruch genommen wurden. Für LBBW und SachsenLB zusammen belaufen sich die Kosten demnach auf gut fünf Milliarden Euro.

Umstrittene Rechnung

Die Zahlen sind angreifbar, weil umstritten ist, ob Kapitalspritzen überhaupt mit Kosten gleichzusetzen sind – schließlich erhielt die öffentlichen Hand dafür größere Anteile an den Landesbanken oder auch der Commerzbank. In Finanzkreisen wurden zudem die von Schick angesetzten Kapitalkosten für die Aufbringung der Geldspritzen durch Bund, Länder und Kommunen angezweifelt.

Der Grünen-Politiker betont indes, weitere Nebenkosten seien mangels Informationsgrundlage noch gar nicht berücksichtigt – etwa die Personalaufwendungen der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FSMA). „Auch die Stabilisierung der NordLB wird noch mal die SteuerzahlerInnen in den beteiligten Bundesländern etwas kosten“, schreibt Schick mit Blick auf die aktuellen Probleme der Landesbank für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Das Institut leidet unter faulen Schiffskrediten.

Schick war bis 2017 zehn Jahre lang finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. Am Mittwoch hatte er angekündigt, zum Jahresende sein Mandat niederzulegen, um sich künftig ganz der im Sommer gegründeten Bürgerbewegung Finanzwende zu widmen.