Bei der Beratung des Etats für dieses Jahr hörte nur einer Kritik: der Oberbürgermeister Thomas Sprißler. Fast alle Fraktionen beklagen Stillstand beim Städtebau.

Herrenberg - Die Stimmung im Ratssaal ließ sich gleichsam berechnen: Über 25 Anträge zum Haushalt war zu diskutieren. Einer wurde abgelehnt, ein weiterer zurückgezogen. Alle anderen sind beschlossen, 15 von ihnen einstimmig. Gleiches gilt für die gesamte Finanzplanung der Stadt Herrenberg für das Jahr 2018.

 

Bei aller Harmonie hörte einer im Saal deutlichen Tadel: der Oberbürgermeister Thomas Sprißler, stellvertretend vor allem für die Bauverwaltung. Am deutlichsten formulierte die Kritik der CDU-Fraktionschef Hermann Horrer. „Viel zu teuer und viel zu spät darf nicht zum Markenzeichen von Herrenberg werden“, sagte er und verwies auf Haushaltsposten, die aus dem Plan 2017 in den Plan 2018 übertragen sind, weil das Geld nicht ausgegeben wurde. Ein Etatbeschluss sei „auch der Auftrag an die Stadtverwaltung, den gesamten Haushaltsplan zu realisieren“, sagte Horrer. Um die Verwaltung zu entlasten, rief er gar seine Ratskollegen dazu auf, sich mit Anfragen und Anträgen zurückzuhalten.

„Wir hinken Jahre hinterher“

Abgestuft zog sich die Ungeduld durch die Haushaltsreden fast aller Fraktionen. „Beim Wohnungsmarkt und der Infrastruktur hinken wir Jahre hinterher“, sagte Thomas Deines für die Freien Wähler. „Loslegen scheint nicht so einfach zu sein“, meinte Eva Schäfer-Weber für die Frauenliste. Die Kritik sei angekommen und angenommen, sagte Sprißler. Allerdings sei es nicht Schuld der Verwaltung, wenn Eidechsen oder Skelettfunde Bauarbeiten verzögerten. Vieles sei auch einer Unterbesetzung oder zeitweilig vakanten Posten im Rathaus geschuldet. „Seit ein paar Monaten haben wir neue Kräfte“, sagte Sprißler. „2018 werden wir einiges sehen.“

Dies in Teilen zwangsläufig. Höchste Not herrscht bei der Kinderbetreuung. Der Mangel an Plätzen müsse schnellstens behoben werden. Darin herrscht ebenso über alle Fraktionen hinweg Einigkeit wie darin, dass der triste Zustand der Schulen Herrenbergs dringend zu verbessern sei.

33 Bauvorhaben stehen auf dem Plan

33 Bauvorhaben stehen auf dem Plan für die nächsten Jahre. Zumindest mit einem Leuchtturmprojekt soll 2018 begonnen werden: Auf der Seeländer-Brache im Stadtzentrum soll ein Einkaufsmarkt entstehen. Zur Eile mahnten alle Fraktionen auch beim Wohnungsbau. In dieser Hinsicht ist das Neubaugebiet Herrenberg-Süd das größte Vorhaben. Auf einer Fläche von 45 Fußballfeldern sollen Wohnungen für rund 1400 Neu-Herrenberger entstehen.

Allerdings drohen auch hierbei Verzögerungen. Grundstückseigentümer haben ihren Widerstand angekündigt, und im Gemeinderat herrscht Streit über die Erschließung. Die Grünen halten ein autofreies Wohngebiet für den Idealfall. „In solchen Projekten könnten wir Visionen beschreiben, um die Gesellschaft umzubauen“, sagte Jörn Gutbier für die Fraktion. Die CDU hält derlei für Unfug.

Jedes dieser Themen war schon beim Haushalt 2017 diskutiert worden.

Die Haushaltsanträge und Abstimmungsergebnisse

Angenommen
e Anträge:Der Gewerbeverein bekommt auf eigenen Antrag weiterhin 20 000 Euro Zuschuss pro Jahr. Die Summe sollte wegen der Einführung eines Citymanagements überflüssig werden. Dieses Projekt verzögert sich.

Ortschaftsrat Affstätt: Das historische Rathaus ist sanierungsreif. Um die Arbeiten vorzubereiten, werden 50 000 Euro für Sachverständige zur Verfügung gestellt.

Ortschaftsrat Gültstein: Im Sommer steigen die Temperaturen in der Ammertalhalle in unerträgliche Höhen. Für 85 000 Euro soll eine Lüftung eingebaut werden.

Ortschaftsrat Gültstein: Der Zustand der öffentlichen Plätze wird überprüft. Verbesserungen werden nachträglich finanziert.

Ortschaftsrat Oberjesingen: Das Grün auf dem Friedhof wird zurückgeschnitten. Außerdem wird ein Plan erarbeitet, wie eine Umgestaltung die Pflege erleichtert.

Frauenliste: Der Jugendhausverein bekommt knapp 195 000 Euro als Zuschuss für Personalkosten. Auf den städtischen Haushalt hat dies keine Auswirkung, verschafft dem Verein aber betriebswirtschaftlichen Spielraum zur Abrechnung.

Frauenliste: Weitere Bushaltestellen werden behindertengerecht umgebaut. Für dieses Jahr hat man elf Haltestellen ausgewählt. Kosten: 160 000 Euro.

Grüne: Die Hirschgasse soll umgestaltet werden. So ist es vom Gemeinderat grundsätzlich beschlossen. Ein detailliertes Konzept soll erarbeitet werden.

Grüne: Der Graben Ost und West soll verkehrsberuhigte Zone werden. Das Vorhaben ist im Grundsatz beschlossen, kann aber frühestens 2019 begonnen werden.

Freie Wähler: Die Stadtverwaltung lässt Spenden und Schenkungen künftig direkt der Bürgerstiftung zukommen – sofern die Gönner ihre Gabe nicht mit einem bestimmten Zweck verbinden.

Freie Wähler: Damit bei entsprechenden Veranstaltungen Gebärdendolmetscher für Gehörlose übersetzen, wird ein Budget von 15 000 Euro jährlich geschaffen.

Freie Wähler: Für 120 000 Euro wird ein weiteres Radargerät zur Kontrolle der Verkehrsgeschwindigkeit angeschafft.

Freie Wähler: Eine Studie soll klären, wie die Kinderbetreuung in den Stadtteilen Kayh und Mönchberg künftig verbessert und sichergestellt werden kann.

Freie Wähler: Die Stadt spart statt 0,66 Prozent jährlich pauschal ein Prozent aus ihrem Etat für die Personalkosten.

Freie Wähler: Die Stadt wirbt bei Besuchern des künftigen Aussichtsturms auf dem Stellberg für sich. Die Kosten sind auf 30 000 Euro begrenzt.

Freie Wähler: Speziell für die Sanierung von Schulen und Kindergärten wird ein zusätzlicher Architekt eingestellt.

Freie Wähler: Ein Fachbüro erarbeitet einen Plan, welche und wie viele Sportstätten die Stadt im Jahr 2025 benötigt. Der Auftrag ist mit 40 000 Euro dotiert.

SPD: Die Erkenntnisse des Historikers Marcel vom Lehn über die NS-Vergangenheit Herrenbergs werden über das bisher geplante Maß hinaus verbreitet.

Abgelehnt
:

Grüne: Im Rathaus soll eine unbefristete Stelle für den Klimaschutz geschaffen werden. Die Forderung wird faktisch erfüllt, formal bleibt eine halbe Stelle für den Klimaschutz aber befristet.

Vertagt:

SPD: Die Stadt führt eine Sozialkarte für bedürftige Familien ein. Der Antrag wird in den Ausschüssen weiter diskutiert.

SPD: Die Stadt schafft einen Bürgerbus an, um die Verbindungen zwischen dem Zentrum und den äußeren Stadtteilen zu verbessern. Der Antrag wird in den Ausschüssen weiter diskutiert.

SPD: Die Stadtbuslinie durch das Alzental wird wiederbelebt. Der Antrag wird im Zusammenhang mit einem flächendeckenden Buskonzept in den Ausschüssen weiter diskutiert.

Grüne: Die Stadt soll Fördermittel für die energetische Stadtsanierung beantragen – für welche Projekte, wird noch diskutiert.

Ortschaftsrat Oberjesingen: Der Dorfbrunnenplatz soll runderneuert werden. Allerdings liegen dafür keine Pläne vor. Das Vorhaben ist auf 2019 verschoben.