Der kleinste Motor der schwäbischen Firma Faulhaber ist mit einem Durchmesser von 1,9 Millimetern nicht einmal so groß wie ein Streichholzkopf. Hochtechnologie dieser Art nimmt es derzeit in Krankenhäusern rund um den Globus mit dem Coronavirus auf.

Stuttgart - Seit Beginn der Corona-Pandemie läuft die Arbeit beim Familienunternehmen Faulhaber auf Hochtouren. Die Kleinstmotoren und -antriebe aus Schönaich in der Nähe von Stuttgart kommen unter anderem bei Beatmungsmaschinen, in Atemmasken, in Labors und beim Fiebermessen zum Einsatz. Faulhaber hat dafür Wochenendschichten gefahren und außerdem 60 neue Mitarbeiter eingestellt, heißt es bei dem Unternehmen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Dafür gelangten Dankesschreiben aus der ganzen Welt nach Schönaich. „Im ersten Halbjahr 2020 haben wir 16 Prozent Umsatzplus verzeichnet, der Auftragseingang stieg um 29 Prozent“, sagen die Unternehmenschefs Gert Frech-Walter und Thomas Bertolini. Der weltweite Umsatzanteil mit neuen Kunden sei dabei während Corona um 22 Prozent gestiegen. Faulhaber profitiere jedoch nicht nur: So sei beispielsweise das Geschäft mit der Luft- und Raumfahrtindustrie komplett eingebrochen. Selbst die geschlossenen Tattoo-Studios schmerzen - in den Tätowiermaschinen werden die hochpräzisen Antriebe ebenfalls verbaut.

 

Sonderschichten gegen Corona

Doch Tätowiermaschinen sind im Moment auch nicht das Wichtigste. Die Mitarbeiter waren und sind vor allem hoch motiviert, die Sonderschichten gegen Corona zu fahren, sagt Frech-Walter. Trotz großer Nachfrage wolle man aber nicht über jedes Stöckchen springen. „Alle wollten plötzlich Corona-Testgeräte bauen, aber das geht nicht holterdipolter“, sagt Thomas Bertolini. Man müsse gemeinsam mit den Kunden herausarbeiten, was erfolgversprechend sei. „Kostengünstige Motoren gibt es auch aus Asien. Das allein hilft aber nicht - wir geben bei der Gesamtkonstruktion Input, damit die Lösungen perfekt, zuverlässig und in Summe auch günstiger funktionieren.“ Dabei kommt Faulhaber die Expertise im Bereich Medizin zugute. Vor 70 Jahren entwickelte das Unternehmen zunächst den ersten automatischen Filmtransport für Kameras. Herausforderung: Dass ein möglichst kleiner Antrieb das Bild nicht verwackeln möge. Später kamen Antriebe für die Medizin hinzu, etwa für gezieltes Röntgen mit mehreren Bleiplatten. Heute werden mit den winzigen Motoren sogar Röntgenkapseln angetrieben, die der Patient schluckt. „Wir haben eine ganze Reihe sehr innovativer, manchmal auch exotischer Anwendungen“, sagt dazu Gert Frech-Walter.

Wie es angesichts Corona weitergeht?

„Wir hoffen natürlich nicht auf eine zweite Pandemie. Aber weltweit ist der Präventionsbedarf sehr hoch, gerade in Asien und gerade im Bereich Lungenkrankheiten“, sagt Frech-Walter. Der Bedarf sei riesig und noch längst nicht gedeckt. Umsatz- und Ergebniszahlen nennt das Familienunternehmen traditionell nicht; mit rund 1900 Mitarbeitern weltweit, davon 600 am Standort Schönaich, gehört Faulhaber jedoch zu den größeren schwäbischen Mittelständlern. Und weltweit zu den sogenannten „Hidden Champions“, wie nur auf wiederholte Nachfrage bescheiden eingestanden wird.