Mit dem Nichtstun konnte sich Severin Frank nicht anfreunden. Er bietet auf dem Hof seiner Großeltern in Hochdorf ein Fitnessprogramm für Freunde und Bekannte an: gepaart mit einem guten Zweck.

Hochdorf - Dass Corona erfinderisch macht, zeigt sich in vielen Bereichen des Alltags. Ein „sportliches“ Beispiel findet sich auf dem seit einigen Jahren stillgelegten Hof der Familie Frank in der Wellinger Straße in Hochdorf. Als aufgrund der Corona-Verordnungen im März sämtliche Sportstätten und Fitnessstudios vorübergehend schließen mussten, hat Severin Frank (33) auf dem Hof seiner Großeltern in Eigenleistung eine neue Trainingsmöglichkeit für sich und mittlerweile rund 20 Bekannte und Freunde zwischen 20 und 50 Jahren geschaffen.

 

Einige aus der Truppe kennen sich vom Studio-Training in Esslingen, dessen Räume und Kurse in der Ulmer Straße von den Sportbegeisterten bis zu den Lockerungen nicht mehr besucht werden konnten. Seit einer Weile sind sie parallel zum Hochdorfer Fitnesstreff auch dort wieder ganz regulär aktiv und froh, dass das gewohnte Training wieder möglich ist.

Während der notgedrungenen Schließung wochenlang untätig rumzusitzen, kam für Severin Frank jedenfalls nicht in Frage. Die Hof-Garage seiner 88-jährigen Oma Eva hat er daher im März in einen Trainingsraum verwandelt. Auch das Hofgelände selbst wird seitdem für das hochintensive Zirkeltraining genutzt. „Das fällt in die Kategorie ‚Funktionales Training’“, erklärt Severin Frank, der als Berufsfeuerwehrmann im Einsatz ist und schon allein aus dem Grund fit bleiben muss.

Dem landwirtschaftlichen Anwesen neues Leben eingehaucht

Schon als Kind sei er ständig auf dem Hof der Großeltern gewesen, durch das Training werde dem Anwesen nun gewissermaßen neues Leben eingehaucht: „Meine Oma freut sich auch, dass hier wieder was los ist“, erzählt der Enkel. So hat der 33-Jährige die Garage komplett ausgeräumt und umfunktioniert. Einzig eine Milchkanne oder auch eine alte Sense an der Wand erinnern darin noch an die frühere Landwirtschaft. In den neuen Holzregalen liegen jedoch unterschiedliche Hanteln bereit, daneben stapeln sich Gewichtscheiben für die Langhanteln.

Ein besonderes Trainingsgerät fällt dort ebenfalls ins Auge: ein Baumstammstück, satte 50 Kilo schwer. „Das kann schon mal passieren, dass man uns mit dem Stamm durch den Ort laufen sieht“, sagt Severin Frank und lacht. Manchmal steht auch eine Schwimmeinheit im Reichenbacher Freibad auf dem Programm. Dann werden dort fleißig Bahnen gezogen. In der Mitte der Garage steht eine Holzkiste für Sprungübungen. Es gibt eine mit 50 und eine mit 70 Zentimetern Höhe. Das geht ganz schön in die Oberschenkel. Außen an der Garage hat Frank zudem eine Stange für Klimmzüge montiert.

Eine Stoppuhr an der Wand zeigt sekundengenau die Zeit an, die bei den Übungen durchgehalten werden muss. „Im Schnitt ist das eine Minute pro Station“, erklärt der Fitness-Fan. Vor der Garage stehen beim Ortstermin unter anderem Liegestützen, Langhanteltraining oder, auf dem angrenzenden Feldweg, auch ein 200-Meter-Lauf auf dem Plan. Die Länge der Laufstrecke variiert, teils sind die Sportler auch 800 Meter oder drei Kilometer unterwegs. „Wir machen ein Ganzkörpertraining: Mit den Übungen werden gleichzeitig Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit, Geschicklichkeit, Balance, Koordination und die Genauigkeit trainiert“, erklärt Severin Frank.

Anfänger können jederzeit einsteigen

An diesem Abend sind in „Frank’s Barn“ (auf deutsch: Frank’s Scheune) neben dem Hausherren noch Laura (30), Tanja (33), Manu (31), Michael (39) und Jens (44) mit von der Partie. Nach einer halben Stunde Training sind alle ebenso nass geschwitzt wie glücklich. Dann steht der gemütliche Ausklang an: Man sitzt zusammen, redet und trinkt etwas. Vor allem beim wöchentlichen Sonntagstraining wird im Anschluss oft noch gegrillt.

Auch wenn die Freunde wieder regulär in Esslingen trainieren, die zusätzlichen Einheiten auf dem Frank-Hof will keiner mehr missen. Zumal bei dem Projekt ein sozialer Aspekt im Fokus steht: Jeder Teilnehmer wirft monatlich maximal zehn Euro ins knallgelbe Sparnilpferd, auf dessen Bauch Plan B steht. Am Ende des Monats wird dessen gesamter Inhalt an ein regionales Sozialprojekt gespendet. Das ist Severin Frank ein großes Anliegen. „Wir haben zum Beispiel schon fürs Hospiz in Esslingen, das Kinderhospiz oder aktuell für die Klinikclowns des Stuttgarter Karl-Olga-Krankenhaus gespendet. Allein schon durch meinen Beruf weiß ich, wie wichtig solche Projekte sind“, sagt der 33-Jährige. Neben der Tatsache, dass das Training ganzheitlich fit mache, stärke es mental, weiß Laura: „Man lernt, sich durchzubeißen und aus der eigenen Komfortzone rauszukommen.“ Für alle ist das Training zudem eine Abwechslung zum Berufsalltag, mit jeder Menge Spaß in der Gruppe. „Da kann man mit unterschiedlichen Fitnesslevels einsteigen“, betont Tanja. Auch Anfänger seien willkommen.

Wer mittrainieren möchte oder einen Vorschlag für ein unterstützenswertes soziales Projekt hat, kann sich an Severin Frank (franks.barn@web.de) wenden.