Nun hat er auch seine zweite „Traumschiff“-Reise als ZDF-Kapitän glücklich absolviert: Zu Neujahr hat er seine Passagiere und die Zuschauer nach Kolumbien geschippert. Doch die Aufregung um seinen Einsatz bleibt.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Mainz - Die ersten beiden Ausgaben des ZDF-„Traumschiffs“ mit dem neuen Kapitän Florian Silbereisen sind absolviert; zu Weihnachten gab es die Reise nach Antigua, an Neujahr die Fahrt nach Kolumbien. Und passiert ist genau das, was sich die Programmverantwortlichen auch erhofft haben: gute Einschaltquoten, große Aufmerksamkeit auf allen Kanälen und hitzige Debatten vor allem in den notorisch unsozialen Netzwerken.

 

Da der erfolgreiche Volksmusik-Moderator, Schlagersänger und Ex-Partner von Helene Fischer seit Jahr und Tag das Publikum polarisiert, war klar, dass bei Twitter & Co. nach beiden Sendungen heftig gestritten würde über die darstellerischen Qualitäten des 38-Jährigen. Nun muss man ganz sicher kein Freund sein der ZDF-Entscheidung, was die Besetzung dieses Nicht-Schauspielers angeht. Andererseits hat er ganz sicher auch nicht jede Häme und Herabsetzung verdient, mit denen ihn aus dem Schutz der Anonymität heraus Netzgemeindeglieder bedenken – und dabei so tun, als sei das „Traumschiff“ vor Silbereisen ein Hort der Schauspielkunst und anspruchsvoller, gesellschaftskritischer Dramaturgie gewesen. Was ja wirklich eine lachhafte Behauptung ist.

Einheimische singen und tanzen gern

Nein, das „Traumschiff“ war und ist schlicht großes, ritualisiertes Unterhaltungsfernsehen. Gegen das im Prinzip überhaupt nichts zu sagen wäre – gerade weil man das Bemühen der Drehbuchautoren würdigen sollte, im Rahmen der Unterhaltungsregeln auch hier und da wichtige Themen unterzubringen. So ging es in der „Antigua“-Folge immerhin auch um neue homosexuelle Lebensformen und eine Patchworkfamilie, und auf „Kolumbien“ um die Frage, warum eine „biodeutsche“ Passagierin Angst hat, den Flirtavancen eines überaus charmanten und kultivierten, aber eben deutsch-türkischen Mitreisenden nachzugeben.

Nein, das eigentliche Problem des „Traumschiffs“ liegt nicht bei Florian Silbereisen und all den Herz-Schmerz-Geschichten. Der eigentliche Skandal ist der völlig ungebrochene touristische und häufig sogar spätkolonialistische Blick auf die Urlaubsländer – auf Einheimische, die ständig singen und tanzen, wenn ihnen ein deutscher Tourist begegnet, die stets nur in krassen Nebenrollen und als Staffage auftauchen. Und die natürlich auf der ganzen Welt Deutsch sprechen können, wenn auch manchmal mit etwas Akzent. Das ist und bleibt schwer verdaubar am „Traumschiff“. Dagegen ist Kapitän Silbereisen nur ein Marzipankartöffelchen.