Steigende Flüchtlingszahlen sorgen überall für Probleme. In den Städten und Gemeinden vertreten vor allem Freie Wähler die Interessen der Bürger - hingegen mischen sie beim Landtagswahlkampf nicht mit. Umso bemerkenswerter ist ihr Appell an die Landesregierung.

Stuttgart - Die Freien Wähler im Südwesten fordern ein Ende des Kompetenz-Wirrwarrs auf Landesebene bei der Flüchtlingspolitik. „Wenn wir im Integrationsministerium anrufen und nach einem fachkundigen Ansprechpartner für das Thema Flüchtlinge, Unterbringung und Integration in unseren Kommunen fragen, dann hören wir, dass das Ministerium überlastet und dazu derzeit nicht in der Lage sei“, sagte Landeschef Wolfgang Faißt am Dienstag in Stuttgart. Geht es um Asylverfahren und Abschiebungen, sei das Innenministerium zuständig, für Bürgerbeteiligung gebe es eine Staatsrätin und benötigen Städte und Gemeinden Hilfe bei der Integration von Flüchtlingen in Schulen oder Kindergärten, würden sie an das Kultusministerium und die Schulämter verwiesen. „Das kann so nicht bleiben“, sagte Faißt.

 

„Wir fordern, dass sich die Landesregierung ernsthafter, ganzheitlicher, strukturierter und mit mehr Personal- und Finanzmitteln um diese Generationenaufgabe kümmert“, sagte der Bürgermeister von Renningen (Kreis Böblingen). „Da wäre eine Staatsrätin oder ein Staatsrat ein Minimum. In jedem Fall müsste das Integrationsministerium deutlich mehr Einfluss- und Einwirkungsmöglichkeiten bekommen, als dies jetzt der Fall sei.“ Zuletzt war der Rechnungshof bei einer Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass Integrationsministerium mit seinen 60 Mitarbeitern und eingeschränkten Kompetenzen sei in dieser Form zu klein. Dies hatte die Debatte über das Haus von Bilkay Öney (SPD) erneut befeuert.

Die Freien Wähler sehen sich nicht als Partei im klassischen Sinne, weil sie nur auf kommunaler Ebene aktiv sind. Aus der Kommunalwahl 2014 sind sie als stärkste Kraft in den Gemeinderäten hervorgegangen. Rund 10 000 Freie Wähler vertreten dort Interessen der Bürger.

Baden-Württemberg erwartet in diesem Jahr rund 54 000 neu ankommende Flüchtlinge - das wären mehr als doppelt so viele wie 2014. Nach einigen Wochen in den drei Erstaufnahmestellen im Südwesten werden die Asylsuchenden auf die Stadt- und Landkreise verteilt. Überall mangelt es an Unterkunftsmöglichkeiten. Zahlreiche Bürgermeister und Gemeinderäte zeigten jetzt der grün-roten Landesregierung die rote Karte, sagte Faißt und warnte: „Der Unmut, der sich in den Kommunen so langsam aufbaut, könnte die bisherige positive Stimmung umschlagen lassen, wenn jetzt nicht mehr getan wird.“