Baden-Württemberg hat etwa 1000 Frauen und Kinder der Jesiden aufgenommen, die zuvor Opfer des IS-Terrors waren. Staatsministerin Theresa Schopper berichtet, was aus ihnen wurde.

Stuttgart - Viele Jesidinnen, die über ein Sonderkontingent nach Baden-Württemberg geholt wurden, sind mittlerweile auf dem Weg in ein eigenes Leben. Staatsministerin Theresa Schopper (Grüne) sagte am Mittwoch in Stuttgart: „Wir sind an einem Wendepunkt.“ Jetzt gehe es nicht mehr nur um die bloße soziale Betreuung der Frauen. Viele von ihnen gingen zur Schule oder machten Berufsausbildungen.

 

Besonders schnell hätten sich die Kinder mit dem neuen Leben in Deutschland zurechtgefunden. Baden-Württemberg hat seit 2015 über ein bundesweit einmaliges Projekt rund 1000 hilfsbedürftige Frauen und Kinder aus dem Nordirak aufgenommen.

Ein Team um den Tübinger Mediziner Florian Junne hat für eine wissenschaftliche Bewertung mehr als hundert Frauen befragt. Rund 90 Prozent erklärten dabei, dass sie mit dem Sonderkontingent äußerst zufrieden seien. Zu den positiven Aspekten zählten sie etwa Sicherheit, die Gewährleistung von Grundbedürfnissen wie Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung sowie die Versorgung der Kinder. Wenn Kritikpunkte genannt wurden, dann hingen diese laut der Untersuchung vor allem mit der Unterbringung zusammen.

Stark trotz traumatischer Erlebnisse

Zu viele Menschen hätten nach ihrer Ankunft in Baden-Württemberg auf zu engem Raum miteinander leben müssen. Ebenfalls negativ bemerkt wurde, dass ein Teil der Familienangehörigen im Irak bleiben musste.

Bei den aufgenommenen Frauen und Kindern handelt es sich um Opfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Sie seien massivster Gewalt ausgesetzt und massiv traumatisch belastet gewesen, sagte Junne. Die meisten von ihnen litten bis heute an posttraumatischen Folgen, etwa unter Schmerzen, Erstickungsgefühlen und Schwindel.

Ihn habe überrascht, mit welcher Stärke und welchem Überlebenswillen die betroffenen Frauen dennoch aufträten, sagte Junne. Er ist Leitender Oberarzt der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen. Die Frauen wurden auf freiwilliger Basis für die Evaluation befragt.