Laut der Stadtverwaltung Leinfelden-Echterdingen gibt es in den nächsten Jahren genügend Plätze für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen. Auf dem Renault-Areal könnte daher womöglich etwas anderes entstehen. Das wirft Fragen auf.

L.-E. - Die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen auf dem ehemaligen Renault-Gelände hatte kürzlich auf der Tagesordnung des Technischen Ausschusses von Leinfelden-Echterdingen gestanden – und war vertagt worden. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, dieses Areal an der Leinfelder Straße dafür zu nutzen. Bei der jüngsten Sitzung des Gemeinderats präsentierte Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell die neuesten Zahlen und Gedanken der Stadtverwaltung zu diesem Thema. Die für die Stadträte überraschende Aussage: Das Areal wird womöglich gar nicht benötigt, „die Anschlussunterbringung ist ohne Zugriff auf das Renault-Gelände möglich“.

 

Der Landkreis gehe davon aus, in diesem Jahr rund 3000 Flüchtlinge aufnehmen zu müssen, sagte Carl-Gustav Kalbfell. „Für Leinfelden-Echterdingen bedeutet dies eine Aufnahme von weiteren 240 Personen“, so der Bürgermeister. 2018 wären es noch einmal 170 Personen, 2019 weitere 119 Menschen und ein Jahr später 77 Personen. Zusammengerechnet bis 2020 ist das eine Zahl von 607 Flüchtlingen, für die die Kommune Plätze in der Anschlussunterbringung bereithalten müsste. Der vermutete Familiennachzug ist darin bereits berücksichtigt.

Bis auf sieben Plätze geht die Rechnung auf

Durch das Projekt „LE mietet“, durch die Neubelegung bisheriger Unterkünfte und städtischer Liegenschaften, durch die Aktivierung von Leerständen und den Sozialen Wohnungsbau sollten genügend Plätze für die Anschlussunterbringung zur Verfügung stehen, so die Rechnung des Bürgermeisters, auch wenn nicht in jedem Jahr die rechnerisch nötigen Wohnmöglichkeiten vorgehalten werden könnten und vorübergehende Defizite entstünden. „Ende 2020 würde es bis auf sieben Plätze aufgehen“, so Kalbfell.

Mit dieser Kehrtwende hatten einige Stadträte nicht gerechnet. „Ich bin überrascht, verwundert, verunsichert“, sagte Barbara Sinner-Barthels. Geändert hätten sich doch nicht die Zahlen, sondern die Überlegungen der Stadtverwaltung. „Ich halte den Vorschlag für unrealistisch“, so die stellvertretende SPD-Fraktionschefin.

Ingrid Grischtschenko warf der Stadtverwaltung vor, eine Drohkulisse aufgebaut zu haben. „Vor einer Woche sollte es noch schnell, schnell gehen“, kritisierte die Grünen-Fraktionsvorsitzende, „und nun heißt es, wir bekommen es auch so hin“. Sie glaube nicht, dass das Renault-Gelände für ein Gewerbegebiet frei gehalten werden könne.

Das Alternativszenario ist risikobehaftet

Ilona Koch geht davon aus, dass es knapp zu schaffen sei – wenn der Familiennachzug ausgesetzt wird und nicht alle Flüchtlinge in Leinfelden-Echterdingen bleiben. „Ich bin froh, dass wir letzte Woche im Technischen Ausschuss nicht abgestimmt haben“, so die CDU-Fraktionschefin.

Hans Huber hielt die Zusammenstellung des Bürgermeisters für sehr erfreulich. „Ich bin sehr optimistisch, dass das Renault-Gelände frei gehalten werden kann“, so der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler.

„Der sicherste Weg wäre das Renault-Gelände“, begegnete Kalbfell der Kritik an den geänderten Plänen der Stadtverwaltung. Man werde nun ein Alternativszenario vorschlagen, das risikobehaftet sei und mit dem man auch in Rückstand komme. „Welchen Weg wir nun gehen, ist Ihre Entscheidung“, so der Bürgermeister in Richtung des Gremiums. Baubürgermeisterin Eva Noller deutete noch an, dass es eine neue Faktenlage gebe und ein Immobilienangebot bei der Stadt eingegangen sei.

„Wir müssen uns klar sein, dass eine Bebauung des Renault-Geländes möglich werden könnte“, so Wolfgang Haug. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende L.E. Bürger/FDP wünscht sich deshalb, alle zwei Monate die aktuellen Zahlen zur Flüchtlingssituation zu bekommen.