Die Evangelische Kirche in Deutschland sammelt Spenden, um ein Schiff zur Flüchtlingsrettung ins Mittelmeer zu schicken. Das erregt die Gemüter.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Dresden - Selten hat eine humanitäre Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wohl ein so gegensätzliches Echo ausgelöst wie der Vorstoß, ein Schiff zur Seenotrettung von Flüchtlingen ins Mittelmeer zu schicken. Kirchenmitglieder hätten deshalb ihren Austritt angekündigt, andere hätten diesen Schritt sogar vollzogen. Das räumte der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm vor der seit Sonntag in Dresden tagenden EKD-Synode ein. Der bayerische Landesbischof berichtete auch von Zuschriften, die mahnten, besser in Afrika die Fluchtursachen zu bekämpfen als die Entsendung eines Schiffes zu unterstützen. „Bei solchen Schreiben habe ich gedacht, ich bin im falschen Film“, sagt der Ratsvorsitzende entrüstet. Denn die Kirchen setzten sich seit Jahren in den Herkunftsländern für Entwicklung ein.

 

Auslöser ist eine Resolution des Kirchentages

Im Juni hatte sich eine Resolution des Evangelischen Kirchentags in Dortmund für die Seenotrettung starkgemacht. Die EKD-Spitze nahm diesen Ball auf und kündigte im September an, gemeinsam mit anderen Organisationen ein Schiff zu schicken. Viele Christen hätten darauf eindringlich reagiert, erzählt Bedford-Strohm. Er bekomme auch viel Zustimmung. So erklärte ihm eine Frau in Neu-Ulm, sie sei deshalb gerade nach vierzig Jahren wieder in die Kirche eingetreten. Besonders junge Leute hätten auf einen beabsichtigten Austritt verzichtet, andere hätten spontan spenden wollen.

Doch offiziell beginnt das Geldsammeln erst am 3. Dezember. Bis dahin, so Bedford-Strohm, sei der verantwortliche Verein gegründet. Dann starte eine Online-Kampagne, um die notwendigen Mittel aufzutreiben. Ziel sei es, möglichst bereits im Januar ein Schiff zu kaufen.

Bischof appelliert an Politik

Allerdings will die EKD nicht selbst zum Reeder werden. Das von ihr ins Leben gerufene Bündnis soll sich vielmehr ganz auf die Expertise der Retter von Sea-Watch stützen. Bedenken, dass die EKD so den traditionellen adventlichen Sammelaktionen der kirchlichen Hilfswerke Brot für die Welt und Adveniat (katholisch) Konkurrenz macht, wischt Bedford-Strohm vom Tisch. Brot für die Welt müsse sich da keine Sorgen machen. Schließlich gehe es denen um dasselbe Ziel, nämlich Menschen in Not zu helfen. Der Bischof macht aber auch klar, dass die Initiative an die Politik appelliert: „Europa muss die Rahmenbedingungen endlich so verändern, dass das Sterben im Mittelmeer aufhört.“