Der Uhinger Gemeinderat votiert nach einer sachlichen Debatte einstimmig für die Flüchtlingsunterbringung im Gasthaus Nassachmühle. Vor der Tür liefern sich Linke und Rechte das obligatorische Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Uhingen - Ein solches Polizeiaufgebot haben selbst altgediente Uhinger Gemeinderäte bei einer Sitzung noch nie erlebt. Die Präsenz der Ordnungskräfte am vergangenen Freitagabend vor der Hieberschule hatte indes nur sehr indirekt mit dem durchaus brisanten Thema „Flüchtlingsunterbringung im Gasthaus Nassachmühle“ zu tun, über das drinnen in der Mensa diskutiert wurde. Es galt vielmehr einer Kundgebung draußen auf dem Parkplatz, zu der antifaschistische Gruppen aufgerufen hatten. Die angemeldete Versammlung entwickelte sich genau so, wie das im Vorfeld zu erwarten war: zu einem unvermeidlichen Katz-und-Maus-Spiel.

 

Etwa 60 Anhänger der linken Szene machten lautstark deutlich, dass sie keine Neonazis in das Gebäude lassen würden, während die Rechtsextremen versuchten, die Veranstaltung zu stören. Dazwischen stand die Polizei, um die Gruppen auseinanderzuhalten und bei entsprechenden Aktionen mal den einen und mal den anderen hinterherzurennen. Nicht nur eine Besucherin, die zur Sitzung des Kommunalparlaments eilte, stellte sich die Frage, „was dieses Kasperletheater eigentlich soll“.

Gespräche mit Schul- und Elternvertretern laufen schon

Beeindrucken ließen sich die gut 70 Zuhörer davon aber nicht. Aufmerksam lauschten sie den Ausführungen des Bürgermeisters Matthias Wittlinger, der noch einmal deutlich machte, „dass wir die Sorgen und Bedenken der Bevölkerung wegen der vorübergehenden Unterbringung von 50 Flüchtlingen in direkter Nachbarschaft zur Grundschule sehr ernst nehmen“. Allerdings gebe es keine Alternative, die sich ähnlich schnell realisieren lasse. Der Rathauschef betonte, dass es bereits erste Gespräche mit der Schulleitung, der Lehrerschaft und dem Elterbeirat gegeben habe, um die zu Recht eingeforderte Sicherheit für die Kinder zu gewährleisten.

Wittlinger erinnerte auch noch einmal an die Zusage von Seiten des Landkreises, „dass in dieser sensiblen Gemeinschaftsunterkunft“ hauptamtliches Personal präsent sein werde und „die Belegung so sozialverträglich wie möglich, wenn es geht, mit Familien, vorgenommen wird“. Darüber hinaus gebe es bereits die Zusage des Uhinger Begleiterkreises Refugiu, mit ehrenamtlichen Helfern in Nassachmühle mitzuwirken. Wittlinger sprach von einer „Herkulesaufgabe, die wir aber durch das Zutun vieler meistern werden“.

Fraktionen stimmen dem Antrag geschlossen zu

Davon gehen auch die Sprecher sämtlicher Ratsfraktionen aus. Rainer Frey (Freie Wähler) verwies erneut darauf, „dass das Gasthaus weiterhin eine Übergangslösung für maximal 18 Monate darstellt“. Für die SPD betonte Susanne Widmaier, „dass Teile unserer Fraktion lieber kleinere Einheiten gehabt hätten, die Notwendigkeit für größere, die sofort genutzt werden können, aber einfach da ist“. Sabine Braun (CDU) verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass der Kreis seine Zusagen wirklich einhalten könne. Auch Ulrich Langer (FDP) sprach von einer schwierigen, aber ebenso notwendigen Entscheidung. „Verantwortung ist gefragt. Wegducken gilt nicht.“

Bemerkenswert waren die Worte des Nassachtäler Ortsvorstehers Eberhard Hottenroth vor der Abstimmung. Er verschwieg nicht, dass die Skepsis bei weiten Teilen der Bevölkerung nach wie vor groß sei, sprach gar von einem Riss, der durch das Tal gehe und versicherte, Stadt und Kreis an deren Versprechen zu messen. „Sehen wir aber, dass man uns nicht alleine lässt und die Aufgabe zu einer gemeinsamen Sache macht, werden wir die Flüchtlinge nicht mit Misstrauen, sondern mit Würde empfangen“, erklärte Hottenroth.

Er selbst werde als Unterstützer tätig. „Und ich rechne fest damit, viele Bürger überzeugen zu können, mir nachzufolgen und ebenfalls mitzuhelfen“, fügte er hinzu. Einhellig beschloss der Rat danach, das Gasthaus Nassachmühle dem Kreis für die Unterbringung von bis zu 50 Schutzsuchenden zur Verfügung zu stellen. Nach gut 30 Minuten war die Sitzung beendet.

Hausdurchsuchung bei stadtbekanntem Neonazi

Für die Polizeikräfte gab es aber noch keinen Feierabend. Das Katz-und-Maus-Spiel mit Antifa und Rechtsextremen setzte sich fort. Eine Spontandemonstration der Linken endete vor dem Uhinger Rewe-Markt, auf dessen Parkplatz sich ein Dutzend Neonazis versammelt hatten. Diese flüchteten in das Geschäft, während draußen die Polizei nochmals einen Riegel mit Beamten und Fahrzeugen aufbaute. Einige Zeit später wurde die Gruppe dann zu ihren Autos geleitet und eine reibungslose Abfahrt ermöglicht. Der stadtbekannteste unter den Neonazis widersetzte sich den Beamten allerdings unter wüsten Drohungen. Diese brachten ihn aber trotzdem nach Hause, wo sich umgehend eine Durchsuchung seiner Wohnung anschloss.