Ein ehemaliger Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in Stuttgart-Birkach grillt so gut wie täglich – teils auch spätabends. Die Nachbarn sind genervt, wollen jedoch nicht die Polizei rufen, weil sie den Konflikt nicht schüren wollen. Sie vermuten, dass er das Fleisch auch weiterverkauft.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Birkach - Die Polizei rufen, das will Klaus Sander nicht. Zu wichtig ist ihm ein gutes nachbarschaftliches Miteinander mit den Bewohnern der Flüchtlingsunterkunft an der Ohnholdstraße in Birkach. Er ist aber genervt von dem oft herüberwehenden Qualm und Geruch nach Grillkohle. Klaus Sander wohnt schräg gegenüber der Unterkunft – und dort hat vor etwa einem Jahr ein ehemaliger Bewohner zwei Holzkohlegrills aufgebaut. Seitdem grillt der ältere Syrer so gut wie täglich Fleischspieße – oft auch spätabends, sagt Sander.

 

„Das ist viel zu viel, als dass es nur für ihn selbst oder die anderen Bewohner gedacht ist. Der macht das auf Gewerbeniveau“, sagt Klaus Sander. Die Bezirksvorsteherin von Plieningen und Birkach, Andrea Lindel, hat dieselbe Vermutung: „Weil wir aus Datenschutzgründen aber den Name des ehemaligen Bewohners nicht erfahren, ist das eine knifflige Angelegenheit.“ Mit dem Syrer selbst konnte unsere Zeitung keinen Kontakt aufnehmen, da Flüchtlingsunterkünfte Privatgelände sind und die Malteser, welche für die Unterkunft zuständig sind, die Autorin dieses Textes nicht auf das Areal ließen.

Offenbar ist der Ex-Bewohner gelernter Metzger

Dass der Mann aber für mehr Menschen grillt als nur für seinen Eigenbedarf, dafür sprechen einige Indizien: Ein anderer Bewohner der Unterkunft, mit dem der Nachbar Klaus Sander befreundet ist, hat diesem berichtet, dass man bei dem Syrer, der in seiner Heimat Metzger gelernt habe, Bestellungen aufgeben könne. Zudem hat Sander beobachtet, dass im Laufe des Abends immer wieder Leute vorbeikommen, die das Gegrillte abholen.

Kürzlich ist der 66-Jährige einmal in die Unterkunft gegangen und hat versucht, mit dem Mann selbst zu sprechen. Die Verständigung klappte nicht gut, dafür gab ihm der Syrer einen Fleischspieß zum Probieren: „Die sind auch wirklich sehr lecker. Das Fleisch ist halal, also nach islamischen Kriterien geschlachtet.“ Klaus Sander will dem Syrer das Grillen auf keinen Fall verbieten. „Das ist ein sehr netter Mann“, betont er. „Ich bin hier auch nicht der Aufpasser. Sobald er einen Elektro- oder Gasgrill nutzen und es nicht mehr so stark nach Holzkohle riechen würde, ist mir das auch egal.“ Jedoch seien auch andere Nachbarn zunehmend genervt von dem spätabendlichen Geruch.

Der Nachbar will den Konflikt nicht schüren

Klaus Sander hat schon auf verschiedene Weisen probiert, die Situation zu lösen: „Der Mann selbst versteht mich leider nicht, da müsste ein Dolmetscher her.“ Die Malteser rieten ihm, die Polizei zu rufen, weil sie um 16 Uhr die Unterkunft verlassen und nicht mehr vor Ort sind, wenn der ehemalige Bewohner abends grillt. Deshalb könnten sie es ihm auch nicht verbieten. Doch die Polizei rufen, das will Sander eben nicht, er möchte den Konflikt nicht schüren.

Möglicherweise gibt es dennoch Grund zur Hoffnung: Auf Nachfrage bei den Maltesern sagt Marja Rothenhöfer, stellvertretende Leiterin der Flüchtlingshilfe im Bezirk Stuttgart: „Uns ist die Problematik bekannt. Die Mitarbeiterinnen vor Ort sind mit allen Betroffenen sowie der Bezirksvorsteherin im Gespräch.“ Gemeinsam mit dem Sozialamt arbeite man an einer Lösung. „Wir sind alle sehr daran interessiert, Störungen zu beheben und ein rücksichtsvolles Miteinander zu pflegen.“