Die geplante Fusion von Tuifly und Teilen von Air Berlin unter dem Dach von Etihad stößt auf Widerstand der Beschäftigten. Das führt zu zahlreichen Flugausfällen, Verspätungen und Vertragskündigungen für Urlaubsreisende.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin/Stuttgart - Der größte Touristikkonzern Tui und die arabische Staatsfluglinie Etihad wollen die Ferienflieger ihrer Ableger Tuifly und Air Berlin in einem neuen europäischen Airline-Verbund zusammenlegen. Das bestätigten beide Konzerne erstmals öffentlich. Das neue Unternehmen würde von Deutschland, Österreich und der Schweiz aus künftig „ein umfassendes Streckennetz bedienen“, teilte die Tui Gruppe mit, zu der mehr als 300 Hotels, 1800 Reisebüros sowie sechs Fluglinien gehören.

 

Bisher ist die Allianz allerdings noch nicht in trockenen Tüchern. Man beabsichtige „ein Grundsatzabkommen zu gegebener Zeit“, heißt es bei Tui. Jegliche Vereinbarung unterliege den nötigen Genehmigungen. Der Aufsichtsrat von Tuifly soll dem Plan Ende voriger Woche bereits zugestimmt haben, ebenso Gremien von Air Berlin. Am 26. Oktober berät der Tui-Aufsichtsrat.

Federführend wird die arabische Etihad

34 Ferienflieger von Air Berlin, darunter 20 Flieger der österreichischen Tochter Niki, sollen wie berichtet in ein neues Unternehmen ausgegliedert werden. Tuifly soll seine 27 gelb lackierten Maschinen mit dem roten Konzern-Smiley am Heckflügel einbringen. Tui würde dem Vernehmen nach nur noch eine Minderheit halten. Federführend soll die arabische Etihad werden. Der hart umkämpfte Flugmarkt in Europa würde dadurch neu sortiert. Die dominierenden Billigflieger Ryanair, Easyjet und die Lufthansa-Tochter Eurowings bekämen einen schlagkräftigeren Konkurrenten, der durch die massiv auf den Kontinent drängende Etihad aus dem reichen Öl-Emirat Abu Dhabi einen finanzstarken Eigentümer und Verbundpartner hätte und mit Tui zudem ein großes Vertriebsnetz.

Bei den Arbeitnehmern stößt die Allianz wie berichtet auf Widerstand. Die Gewerkschaften befürchten weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Lohndumping. Bei Tuifly meldeten sich in den letzten Tagen reihenweise Flugcrews krank. Allein am Mittwoch musste die Tui-Tochter 24 Flüge annullieren, fast jede vierte Verbindung fiel aus. Auch bei Air Berlin, für die Tuifly 14 Maschinen per Leasingvertrag betreibt, mussten Flüge gestrichen werden. Zahlreiche Flug- und Pauschalreisende waren dadurch von Flugabsagen, Verspätungen und Vertragskündigungen betroffen.

Tui bestätigte auf Anfrage, dass „wir derzeit Reiseverträge kündigen, wenn feststeht, dass der geplante Tuifly-Flug definitiv nicht durchgeführt wird, keine unmittelbare Ersatzmöglichkeit besteht und wir auch nicht in der Lage sind, unseren Kunden eine alternative Beförderungsmöglichkeit in absehbarer Zeit zuzusagen“. Ziel sei, Kunden „vor unzumutbaren Wartesituationen am Flughafen zu bewahren“. Hierbei handele es sich „um eine Notfall-Entscheidung, zu der wir gezwungen sind, wenn die Crews sich unmittelbar vor Abflug krank melden“.

Insgesamt sechs Flüge in Stuttgart annulliert

Auf dem Flughafen Stuttgart erhielten Tui-Kunden am Mittwoch Handzettel, in denen ihnen mitgeteilt wurde, dass der Flug ausfalle und ihr Reisevertrag gekündigt werde. Die Buchung werde storniert und der Reisepreis „umgehend“ zurückgezahlt, heißt es in dem Schreiben.

Insgesamt sechs Flüge wurden in Stuttgart gestrichen, fünf von Air Berlin und einer von Tuifly. Martina Braun und ihr Mann aus Lahr im Schwarzwald mussten spontan ihr Reiseziel verlegen. Ihr Tui-Flug zur griechischen Insel Kos war betroffen. Der nächste Flieger nach Kos ginge erst am Freitag von München aus. Deshalb fliegen sie nun nach Rhodos – mit etwa 500 Euro höheren Kosten. Organisiert wurde das von ihrem Reisebüro – nicht von Tuifly. Sie hoffen nun auf eine Entschädigung von Tui. „Ich fliege seit 25 Jahren, aber so etwas ist mir noch nie passiert“, ärgerte sich Martina Braun. Diskutiert wurde auch am Service-Desk von Air Berlin: „Das ist sehr ärgerlich. Wenn sich das rumspricht, kann Air Berlin dicht machen“, sagte ein Mann aus Stuttgart, der mit einer Gruppe nach Neapel reisen wollte und nun erst am Donnerstag mit der Lufthansa fliegen kann. Zudem waren auch ein Flug nach Venedig, einer nach Berlin und zwei nach Hamburg betroffen.