Seit Montag ist der Stuttgarter Flughafen geschlossen. Der Airport nutzt die Flaute aufgrund der Coronakrise aus und hat notwendige Baumaßnahmen vorgezogen. Die Situation vor Ort mutet etwas gespenstisch an.

Stuttgart - Später Sonntagabend, drei Taxis stehen auf der Ankunftsebene des Stuttgarter Flughafens, normalerweise sind es Hunderte, die hier warten. Die großen Drehtüren sind noch offen, aber im Inneren herrscht eine gespenstische Stille und gähnende Leere. Eine Raumpflegerin zieht allein ihren Putzwagen von Toilette zu Toilette, ein Mitarbeiter eines privaten Security-Dienstes geht langsamen Schrittes durch die leere Abflughalle von Terminal eins. Hat nichts zu tun, ist ja keiner da.

 

Geschlossene Schalter und zugesperrte Läden überall und diese Geisteratmosphäre kontrastiert stark mit den immer noch grell erleuchtenden Reklamebannern und den skurril wirkenden Ansagen. „Bitte achten Sie auf Ihr Gepäck, lassen Sie es nicht unbeaufsichtigt stehen“, tönt es aus den Lautsprechern. Welche Reisenden sind da gemeint? In den vergangenen Osterferien, im April 2019, war hier am Airport noch „die Hölle“ los, es gab Wartezeiten, dichtes Gedränge. Eine halbe Million Flugreisende sind damals für die Osterferien geschätzt worden. Überhaupt sorgt ein Blick ins Archiv für ungläubiges Staunen in unserer neuen Krisenzeit: Mit 12 000 Flugbewegungen in der Osterzeit stoße der Flugraum in Deutschland an die Grenzen seiner Kapazität, meinte das Fluggastrechteportal Flightright im April 2019. Die Zeiten sind vorbei, über Leinfelden-Echterdingen herrscht am Sonntag und Montag blauer Himmel ohne einen Kondensstreifen. Und auch am Boden herrscht Flaute: Der Flughafenparkplatz P0 zeigt 1234 freie Plätze.

Bäcker und Supermarkt bleiben geöffnet.

Auf der unteren Ebene, dem Ankunftsbereich, verstecken sich am Sonntagabend noch ein paar Mitarbeiter von den Autoverleihfirmen hinter den Tresen und wischen Staub. Der Erotik-Shop – er heißt hier Discrete-Store – hat bereits geschlossen, seine Angebote gehören offenbar nicht zur Grundversorgung. Aber der Edeka-Lebensmittelladen und die Bäckerei Treiber haben noch geöffnet. Und sie werden auch in der 17-tägigen Schließzeit des Airports weiterhin geöffnet haben. „Wir sind noch da für unsere Kunden, täglich von 5.30 Uhr bis 20 Uhr“, sagt ein Bäckereimitarbeiter. Auch ein Edeka-Verkäufer sagt: „Wir machen weiter, haben täglich offen von 6.30 Uhr bis 21 Uhr.“ Viele Kunden hat sein Geschäft an diesem Abend allerdings nicht.

Das letzte am Sonntag von Stuttgart abhebende Flugzeug fliegt um 18.30 Uhr nach Hamburg mit Eurowings, die letzte ankommende Maschine ist auch von Eurowings, kommt von Berlin (Tegel) und landet um 20.40 Uhr. Nachdem die letzten Passagiere das Ankunftsterminal verlassen haben, wird um 21.30 Uhr abgesperrt. Der Landesverkehrsflughafen von Baden-Württemberg macht Pause – zum zweiten Mal seit seiner Eröffnung im August 1948. Schon im Herbst 1977 gab es einmal eine vierwöchige baubedingte Schließung. Die Flughafengesellschaft nutzt die Flaute im Luftverkehr wegen der Coronakrise für vorgezogene Sanierungsarbeiten. Schon seit Tagen werden sie vorbereitet, am Montag ging es mit dem Aufstellen von Warnbaken für die Bauarbeiten weiter. Der östliche Part der 3345 Meter langen Start- und Landebahn erhält eine neue Betondecke. Von Montag an bis zum 22. April findet kein regulärer Flugbetrieb statt, Frachtflüge beispielsweise mit medizinischen Gütern oder Rettungsflüge werden in dieser Zeit umgeleitet.

Zweieinhalb Wochen kein regulärer Flugbetrieb

Auch nach der Schließzeit geht es in moderatem Tempo weiter: Vom 23. April bis zum 17. Juni starten und landen die Maschinen dann auf einer verkürzten Piste. Die Airlines können von da an ab Stuttgart aber wieder alle Ziele in Deutschland und im nahen Europa nonstop anfliegen – so die bisherige Planung. Bei direkten Fernflügen werde es aber noch zu Einschränkungen bei der Reichweite kommen, teilte die Flughafengesellschaft mit.

Und noch eine Besonderheit bei den Bauarbeiten teilt der Flughafen mit: Vom 23. April bis 20. Mai kann nur eine auf 1965 Meter verkürzte Piste genutzt werden. Da tags und nachts hier unmittelbar vor dem Kopf der „Interimsbahn“ gebaut wird, kann in dieser Zeit zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens gar nicht geflogen werden. Im zweiten Bauabschnitt, vom 21. Mai bis 17. Juni, wird dann eine 2475 Meter lange Start- und Landepiste benutzt und der Flugbetrieb kann dann parallel zu den Bauarbeiten laufen. Vom 18. Juni soll die Start- und Landebahn wieder ihre ursprüngliche Länge von 3345 Metern haben und der Flugbetrieb könnte sich wieder normalisieren. Wenn es das Coronavirus denn zulässt, dass das Reisen in ferne Länder und Städte auch wieder gestattet ist.