Wer mit Drohnen das große Geschäft wittert, hat viele Regeln zu beachten. Welche rechtlichen Hürden es gibt, haben die Teilnehmer eines Kurses bei der Dekra in Stuttgart gelernt.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Der Praxistest nimmt einem erst mal die Angst, unbemerkt von einer sogenannten Drohne beobachtet werden zu können. Als der kleine, etwa 1,5 Kilo schwere Quadrocopter abhebt, macht er einen Krach, den man solch zierlicher Konstruktion gar nicht zutrauen würde – und den man am lauen Sommerabend vor dem Schlafzimmerfenster eindeutig vom Zirpen der Grillen unterscheiden könnte.

 

Doch da bei der Wahrung der Privatsphäre und anderer zu schützender Interessen nicht allein das Gehör schlafender Bürger ausschlaggebend ist, gibt es beim Flug mit den sogenannten Multicoptern einige klare Regeln, die zu beachten sind. Gerade auch dann, wenn man sie zu gewerblichen Zwecken einsetzen möchte. Die Dekra bietet daher eine Art Führerscheinkurs für gewerbliche Multicopterpiloten an.

Bei knapp zehn Grad ist es draußen zu kalt für einen Flug

Stefan Schneider, Ingenieur und Referent an der Akademie der Prüfgesellschaft Dekra, schart die Teilnehmer um sich und lässt die Rotoren surren. Es ist einer jener viel zu milden Dezembertage mit leichtem Wind, zerfetzter Wolkendecke und Temperaturen knapp unter zehn Grad. Kein Wetter, bei dem man sich im Gebäude verkriechen muss. „Wir fliegen in der Halle, das Wetter ist zu schlecht“, sagt Stefan Schneider jedoch. Das verwundert. Aber schon der leichte Wind stellt eine Gefahr dar, er könnte das Fluggerät aus der Bahn bringen. Dazu noch die Temperatur: viel zu kalt, die Akkus halten da nicht lange durch. All diese Faktoren haben schon unmittelbar damit zu tun, wann eine Drohne aufsteigen und auch Aufnahmen mit der angehängten Kamera machen darf – für viele gewerbliche Nutzer der Hauptzweck: Der Pilot muss auf gute Sichtverhältnisse achten, denn er darf das unbemannte Luftfahrtgerät nicht aus den Augen verlieren.

Da für gewerbliche Nutzer andere Vorschriften gelten als für private, klärt Stefan Schneider mit den Kursteilnehmern erst einmal diese Unterscheidung: Benutzt man einen Multicopter privat, gilt er als Flugmodell. Wenn er zu anderen Zwecken als zur Freizeitgestaltung eingesetzt wird, gilt er als unbemanntes Luftfahrtsystem. Für deren Betrieb ist gemäß der Luftverkehrsordnung eine Aufstiegserlaubnis erforderlich. Und da steigt die Nachfrage stetig , wie das Regierungspräsidium als zuständige Behörde bestätigt: 2012 erteilte das RP 29 Genehmigungen, 2014 waren es schon 144. In diesem Jahr sind es bislang 190, 43 müssen noch bearbeitet werden.

Die Nachfrage nach Fluggenehmigungen ist stark gestiegen

Die Erlaubnis allein ist aber noch kein Freiflugschein. Der Mann oder die Frau am Steuer braucht dann noch eine Zustimmung des Grundstückseigentümers, auf dessen Gebiet das Luftfahrtsystem starten soll. Dann muss er noch die zuständige Polizeidienststelle vorab informieren, darf das Steuer keinem anderen in die Hand geben – die Erlaubnis bezieht sich auf die Person, nicht auf das Fluggerät. Sowieso ist ein „ausreichender Sicherheitsabstand“ zu Menschen, landwirtschaftlichen Nutztieren, Verkehrswegen und Hochspannungsleitungen einzuhalten.

Mit diesen und noch weiter gehenden Regeln im Kopf geht es beim Drohnenführerscheinkurs dann endlich an die Praxis. In der Halle des Dekra-Gebäudes in Hedelfingen – draußen war es ja zu zugig – baut Schneider eine Teststrecke auf. Dabei zeigt sich, dass es wesentlich einfacher ist, einen Multicopter zu fliegen, als eine Genehmigung für den gewerblichen Flug damit zu erhalten. Die Teilnehmer greifen zur Fernbedienung, auf die ein Tablet montiert ist, das die Funktionen sowie Akkuladezustand und weitere Informationen anzeigt. Selbst der Anfänger in der Gruppe schafft es, den mit vier Rotoren betriebenen Brummer unfallfrei an Lagerregalen vorbei zackig im rechten Winkel abbiegen zu lassen.

Auch Volker Jung greift zur Steuerung. Seine Firma Power Vision will im Agrarbereich Geld mit den kleinen unbemannten Fliegern verdienen. Jedoch sind die seiner Firma schon wieder so groß, dass es aussichtslos ist, in Deutschland dafür eine Genehmigung zu bekommen. Hier dürfen nämlich nur solche aufsteigen, die nicht mehr als fünf Kilogramm wiegen. „Unsere Modelle bringen 40 bis 50 Kilogramm auf die Waage“, berichtet Jung. Einen Markt habe man im Blick, auf Deutschland setze die Firma nicht: Power Vision will mit den Flugsystemen zum Beispiel Spritzmittel auf großen landwirtschaftlichen Flächen ausbringen. „Wir können uns vorstellen, auf den chinesischen Markt zu gehen“, sagt Jung über mögliche Betätigungsfelder.

Dennoch büffeln die Kollegen die Regeln für den deutschen Luftraum. Vom Referenten lernen sie, dass sie sich nicht beirren lassen sollen: Den schlechten Ruf hätten die kleinen Flieger zu Unrecht. So seien schon Internetvideos aufgetaucht, die Unfälle mit Linienflugzeugen zeigen sollten – die Filme wurden als Fälschung enttarnt.