An den Tankstellen macht sich die geplante Förderkürzung noch nicht bemerkbar. Langfristig dürfte auch der Sprit teurer werden – Experten erwarten aber nur eine moderate Steigerung. Denn die USA könnten mehr Schieferöl produzieren.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die von der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) beschlossene Förderkürzung wirft ihre Schatten voraus: Obwohl das Kartell seinen Ausstoß erst im Januar drosseln will, sind die Ölpreise schon jetzt kräftig gestiegen. Unmittelbar nach dem Beschluss vom Mittwoch verteuerte sich die Nordseesorte Brent um neun Prozent; der Preis übersprang erstmals seit fünf Wochen wieder die Marke von 50 Dollar und kletterte am Donnerstag weiter auf 53 Dollar pro Barrel (159 Liter). Die Verbraucher bekommen den Anstieg zuerst beim Heizöl zu spüren: Der bundesweite Durchschnittspreis stieg seit Anfang der Woche von rund 54 auf knapp 55 Euro je hundert Liter.

 

Die Verbraucherpreise für Heizöl sind eng an die Entwicklung der Kurse an den Börsen gekoppelt. Dort wurde schon kurz vor der Opec-Sitzung auf eine Einigung der lange Zeit zerstrittenen Förderländer gewettet. „Wir gehen davon aus, dass die Preise sich jetzt auf einem etwas höheren Niveau einpendeln“, sagt Markus König, Geschäftsführer beim Heizölhändler Scharr Wärme in Stuttgart. Mit einem Anstieg über 60 Euro je hundert Liter rechne er zwar vorerst nicht, aber: „Die Zeit des ganz, ganz billigen Öls ist wohl vorbei.“

Neben der Opec will auch Russland die Fördermenge zurückfahren

Die letzte von der Opec hervorgerufene Marktreaktion währte allerdings nicht lang: Ende September hatte das Kartell mit einer ersten Ankündigung von Förderkürzungen schon einmal die Kurse in die Höhe getrieben, doch schon bald wurden Zweifel an der Durchsetzbarkeit dieses Vorhabens laut. Denn die 13 Opec-Mitgliedstaaten haben unterschiedliche nationale Interessen. Die am Mittwoch erzielte Vereinbarung fiel dann aber deutlich konkreter aus, als die Skeptiker erwartet hatten: Es wurde detailliert festgelegt, welches Land zu der Kürzung um insgesamt 1,2 Millionen Barrel pro Tag wie viel beitragen wird. Zudem sagten auch Förderländer außerhalb der Opec zu, ihren Ausstoß zu vermindern – allen voran Russland, der nach Saudi-Arabien größte Öl-Exporteur der Welt.

Bei einer vollständigen Umsetzung dieser Ankündigungen könnte im ersten Halbjahr 2017 die weltweite Nachfrage nach Öl das Angebot übersteigen, kommentiert die Commerzbank. Allerdings könnten die afrikanischen Förderländer Libyen und Nigeria diese Lücke füllen. Die meisten Experten gehen daher von einem moderaten Preisanstieg aus. Die US-Investmentbank Goldman Sachs etwa erwartet für das nächste Halbjahr einen Durchschnittspreis von 55 Dollar pro Barrel. Das wäre im historischen Vergleich weiterhin günstig: Noch vor drei Jahren kostete das Barrel Brent mehr als 100 Dollar.

Eine Rückkehr zu solchen Preisen ist nach Einschätzung von Analysten auch im nächsten Jahr unwahrscheinlich, weil die weltgrößte Volkswirtschaft USA längst nicht mehr so viel Öl importiert wie früher. Das liegt an der Erschließung unkonventioneller Förderquellen in den Vereinigten Staaten selbst: Seit dort Öl aus Schiefergestein gewonnen wird, sind die Einfuhren um gut 20 Prozent zurückgegangen. Zwar machten die niedrigen Verkaufspreise zuletzt gerade den vergleichsweise teuren Förderstätten in den USA zu schaffen. Wenn der Ölpreis nun aber wieder anzieht, dürfte die Produktion in den USA auch wieder zulegen.

Spritpreise seit Wochenbeginn gesunken

Trotz der Verteuerung von Rohöl sind die Benzin- und Dieselpreise seit Anfang der Woche im Bundesschnitt übrigens zurückgegangen. „Die Tankstellen haben zumindest bis Mittwoch noch von sinkenden Einkaufspreisen profitiert und diese an die Kunden weitergegeben“, erläutert ein Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands. Die Einkaufspreise der Tankstellen würden unter anderem vom Ausstoß der Raffinerien und der Befüllung der Tanklager in den großen europäischen Häfen beeinflusst und könnten daher zumindest kurzfristig von der Entwicklung am Ölmarkt abweichen.

Sollten die Ölpreise wie erwartet weiter zulegen, so würde sich das auf Dauer auch an den Zapfsäulen bemerkbar machen. Selbst dann bedeute „ein Ölpreisanstieg von zehn Prozent aber kein Plus von zehn Prozent an der Tankstelle“, heißt es beim Mineralölwirtschaftverband. Denn ein Großteil des Spritpreises entfällt auf die Mineralölsteuer von 65 Cent je Liter Benzin beziehungsweise 47 Cent beim Diesel. Dieser Sockelbetrag ist fix, Preisänderungen beim Rohöl schlagen daher nicht voll auf die Kraftstoffkosten durch. Laut ADAC ist schon jetzt absehbar, dass 2016 „das günstigste Tankjahr seit 2009“ wird. Super E10 kostete im bisherigen Jahresverlauf 1,275 Euro je Liter, Diesel 1,070 Euro.