Viele Mädchen und Buben in Rot sind sozial und gesundheitlich benachteiligt. Deshalb ist der Stadtteil als einer von dreien in Stuttgart Teil eines Förderprojektes des Gesundheitsamtes. Ziel ist es, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen.

Zuffenhausen - Kinder sollen so gesund wie möglich aufwachsen. Darüber sind sich alle Experten einig. So weit die Theorie. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Ernährung, Bewegung, seelische Gesundheit und medizinische Belange sind wichtige Einflussfaktoren. Doch auch die familiären und sozialen Verhältnisse spielen eine große Rolle. Und die sind in Stuttgart sehr verschieden – das belegen Gesundheits- und Sozialdaten. Bei deren Auswertung landet Rot nur auf Platz 94 von 119 Stadtteilen. Um die Situation zu verbessern, wurde der Stadtteil (neben der Neckarvorstadt und Stöckach/Raitelsberg) in das Projekt „Gesund aufwachsen“ des Gesundheitsamtes aufgenommen. Schwerpunkte waren beziehungsweise sind das Einrichten und Etablieren einer Präventionskette sowie die Erweiterung des Grundschulbereichs. Hauptziel ist es, die Einrichtungen in Rot dazu zu befähigen, Rahmenbedingungen für ein gesundes Aufwachsen aller Kinder zu schaffen. Vor Kurzem erschien ein Zwischenfazit des Projektes.

 

Fast ein Fünftel der Kinder ist übergewichtig

„Es konnten viele gute Ansätze erarbeitet werden“, sagt Karin Buschkühl. Die stellvertretende Bezirksvorsteherin von Zuffenhausen saß zusammen mit einem guten halben Dutzend anderer Vertreter politischer und sozialer Gremien in der Steuerungsgruppe des Projektes. Die Ausgangssituation stellte sich dabei folgendermaßen dar: Fast jedes fünfte Kind in Rot ist übergewichtig – das ist der höchste Wert in ganz Stuttgart. Etwas mehr als ein Drittel der Mädchen und Buben hat Auffälligkeiten bei der Grobmotorik, ein ebenso hoher Anteil der Kinder hat keinen vollständigen Vorsorgestatus. Auch auf der sozialen Seite liegt einiges im Argen: Ein Viertel der drei- bis Sechsjährigen lebt in Haushalten, in denen Leistungen zur Grundsicherung bezogen werden. Dieser Anteil liegt im Vergleich zur Gesamtstadt ebenso deutlich über dem Durchschnitt wie der Anteil Alleinerziehender, der Anteil der Kinder aus Familien mit Bonuscard sowie der Anteil von Familien mit Migrationshintergrund. Unterm Strich bedeutet das: Rot ist ein Stadtteil, in dem überdurchschnittlich viele Kinder gesundheitlich und sozial benachteiligt sind.

Diese Probleme können nur dann nachhaltig bekämpft werden, wenn so viele Stellen wie möglich zusammenarbeiten. Deshalb wurde im Rahmen des Projektes zunächst ein lokales Präventionsnetzwerk eingerichtet. Darin sitzen neben Vertretern aus Jugendrat, Bezirksbeirat und Regionaler Trägerkonferenz Mitarbeiter aus Kitas und Schulen sowie gut ein Dutzend Netzwerkpartner. Mit im Boot sind auch Eltern und Kinder. Zentrum des Präventionsnetzwerks ist die Steuerungsgruppe, die vom Gesundheitsamt geleitet wird.

Im Stadtteil gibt es zu wenig Kinderärzte

Im Projektverlauf wurden bereits konkrete Angebote in Rot auf die Beine gestellt. Dazu zählen unter anderem diverse Bewegungskurse oder ein regelmäßiges Willkommensfrühstück, bei dem sich werdende Eltern oder diejenigen, die gerade ein Baby bekommen haben, kennenlernen können. Ebenso angeboten wurden Kita-Gruppenkurse zum Thema Ernährung oder Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte.

Die erste Phase des Förderprogramms lief von Dezember 2018 bis Dezember 2019. Im Januar 2020 ging dann das Folgeprojekt an den Start, das bis Mai 2021 laufen wird. Dabei soll unter anderem das Projekt „Schulfrühstück und Pausenvesper“ für Grundschüler in Angriff genommen werden. Doch auch in anderen Themengebieten gibt es noch Handlungsbedarf. Dazu zählen beispielsweise die Situation der Bolzplätze, der Straßenverkehr oder die mangelnde Versorgung mit Kinder- und Jugendärzten. Die Gestaltung des Übergangs von der Kita in die Schule könnte ebenfalls thematisiert werden. Doch auch die Projektkoordinatoren haben einen Wunsch: Es sollen noch mehr Kinder und Jugendliche an dem Projekt teilnehmen.