Es gibt harsche Kritik an der Krankenhaus-Studie der Bertelsmann-Stiftung.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Der Förderverein des Krankenhauses Leonberg übt scharfe Kritik an der kürzlich veröffentlichten Bertelsmann-Studie zur Kliniklandschaft in der Bundesrepublik. Demnach solle eine massive Reduzierung der Krankenhäuser zu einer besseren medizinischen Versorgung führen.

 

In der Studie heißt es, dass viele Kliniken zu klein seien und oftmals nicht über die nötige Ausstattung verfügten, um lebensbedrohliche Notfälle wie einen Schlaganfall angemessen zu behandeln. Viele Komplikationen könnten durch eine Konzentration auf deutlich unter 600, statt heute 1400 Kliniken, vermieden werden, lautet das Fazit der Studie.

Hochwertige Schwerpunkte

Für den Fördervereinsvorsitzenden Willi Burger eine zu undifferenzierte Betrachtungsweise: „Eines der Hauptkriterien für eine gute Gesundheitsversorgung ist der flächendeckende Zugang aller Menschen zu den Kliniken und Praxen. „Mit der Schließung von rund 1000 Akutkliniken in der Fläche würde nicht nur unwiederbringlich soziale Infrastruktur zerstört, sondern auch die wohnortnahe Versorgungsmöglichkeit massiv eingeschränkt“, widerspricht Burger.

„Gerade ältere Menschen sind nicht mehr so mobil, als dass sie 30, 40, oder gar 50 Kilometer bis zur nächsten Klinik alleine zurücklegen könnten“, erklärt der Vorsitzende des Fördervereins. „Die pauschalisierte Aussage, dass nur große Zentralversorger gute medizinische Qualität liefern, widerspricht den persönlichen Erfahrungen tausender Patienten in den Einzugsgebieten kleiner Kliniken.“

Auf dem Weg zu Spezialisierungen

Im Klinikverbund Südwest respektive am Leonberger Krankenhaus habe man die Zeichen der Zeit schon längst erkannt und sich im Sinne der Medizinkonzeption auf den Weg zu Spezialisierungen gemacht. Beispielhaft nennt Burger die Schwerpunktbildung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen in Leonberg, die die Chefärzte Wolfgang Steurer und Barbara John gemeinsam vorantreiben. Auch der Ausbau des Behandlungsspektrums bei urogynäkologischen Erkrankungen durch die neue Chefärztin Monica Diac sei ein Beispiel für die Leistungsfähigkeit in Leonberg. „Die künftige landeseigene Klinik für Psychosomatische Erkrankungen, wird den Standort ebenso Leonberg stärken“, so Willi Burger.

„Fakt ist, nicht alle Häuser im Verbund können und sollen mehr alles machen, aber das, was angeboten wird, gut. Eine gewisse Schwerpunktbildung ist somit auch im Sinne des Patienten.“

Personalmangel war absehbar

„Bei vielen Angeboten im Bereich der medizinischen Grund- und Notfallversorgung, seien es nun Geburten oder die Traumaversorgung oder viele Krankheitsbilder aus dem geriatrischen Versorgungsbedarf ist eine wohnortnahe Anlaufstelle aber unabdingbar, heute und in der Zukunft!“, erklärt der zweite Vorsitzende Helmut Noë. „In eben diese Zukunft haben wir uns in Leonberg mit dem Gesundheitscampus und der Verzahnung ambulanter mit den stationären Sektoren bereits auf den Weg gemacht. Strukturen weiter zu entwickeln ist sinnvoller, als Strukturen abzubauen.“

Der Förderverein widerspricht der Aussage von Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) in unserer Zeitung, wonach der Fachkräftemangel in den Kliniken zu den „Megatrends“ gehöre, für die die Politik keine Verantwortung trage. Vielmehr habe die Politik seit über 20 Jahren die Ausbildungskapazitäten an den deutschen Universitäten um etwa ein Drittel reduziert, obwohl Trends wie das Arbeitszeitgesetz und die starke Zunahme von Studentinnen nicht plötzlich entstanden seien. Die seien fachlich gut, wollten aber oft in Teilzeit arbeiten.

Auch die Misere bei den Pflegeberufen sei nicht vom Himmel gefallen. Sie sei seit langem bekannt und wurde viel zu lange einfach vernachlässigt. Deshalb sei nun die Politik gefordert, erklärt der Förderverein.