Auch der Stuttgarter Autozulieferer Bosch muss im Zuge des VW-Dieselskandals ein Bußgeld zahlen. Er soll die Aufsichtspflicht im Dieselskandal „fahrlässig“ verletzt haben.

Stuttgart - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen den Zulieferer Bosch im Zusammenhang mit dem Dieselskandal ein Bußgeld von 90 Millionen Euro verhängt. Mit dem Bußgeld wird eine „fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht“ geahndet, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Bosch verzichtet darauf, Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid einzulegen, erklärt die Staatsanwaltschaft weiter. Die Zahlung des Betrags soll binnen sechs Wochen an das Land Baden-Württemberg erfolgen. Damit sei das Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen das Unternehmen rechtskräftig abgeschlossen. Bosch bestätigt diese Angaben.

 

Die Initiative ging von Mitarbeitern aus

Bosch habe ab 2008 rund 17 Millionen Motorsteuergeräte und Dosiersteuergeräte an verschiedene in- und ausländische Hersteller ausgeliefert, deren Software teilweise unzulässig war, begründet die Staatsanwaltschaft ihre Entscheidung. Die Autohersteller hätten diese Steuergeräte – verbaut in ihren Fahrzeugen – auf den Markt gebracht. Die unzulässige Software haben der Staatsanwaltschaft zufolge dazu geführt, dass die damit ausgestatten Fahrzeuge mehr Stickoxide als zulässig ausstießen. Es sei davon auszugehen, betonen die Staatsanwälte, „dass die Initiative für Integration und Ausgestaltung“ der unzulässigen Software-Bestandteile „ jeweils von Mitarbeitern der Autohersteller ausging“.

Der nun abgeschlossene Bußgeldbescheid richtet sich ausschließlich gegen das Unternehmen Robert Bosch GmbH. Ob sich auch einzelne Bosch-Mitarbeiter möglicherweise im Zusammenhang mit dem Dieselskandal strafbar gemacht haben, ist indessen Gegenstand von insgesamt vier Ermittlungsverfahren, die derzeit noch bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart anhängig sind. In einem Verfahren wird gegen sechs namentlich bekannte Bosch-Mitarbeiter im Zusammenhang mit VW-Fahrzeugen ermittelt, erläutert Staatsanwalt Heiner Römhild. In zwei weiteren Verfahren geht es gegen unbekannt; als Autohersteller werden dabei Daimler und Audi genannt. Und in einem vierten Verfahren laufen Ermittlungen gegen zwei Bosch-Mitarbeiter im Zusammenhang mit Fahrzeugen von Fiat-Chrysler. Wann diese Ermittlungen beendet sein werden, ist derzeit nicht abzusehen.

Das Bußgeld setzt sich aus zwei Teilen zusammen

Dies sind allerdings nicht die einzigen Verfahren, die gegen Bosch anhängig sind. So fordern vor Zivilgerichten in den USA Händler und Fahrzeugeigentümer Schadenersatz von Bosch; um wie viele Verfahren es sich dabei handelt, ist unklar. Und auch vor dem Landgericht Stuttgart sind früheren Angaben zufolge etwa 30 Verfahren, in denen Bosch als Beklagter gilt, anhängig. Insgesamt hat Bosch Rückstellungen für Rechtsrisiken von 1,2 Milliarden Euro gebildet. Das betrifft jedoch nicht nur den Abgasskandal, sondern auch kartellrechtliche Themen.

Das nun verhängte Bußgeld gegen Bosch von 90 Millionen Euro setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Zum einen geht es um die Ahndung einer Ordnungswidrigkeit; hierfür wurde eine Buße von zwei Millionen Euro verhängt. Zum anderen geht es um die Abschöpfung von wirtschaftlichen Vorteilen für Bosch aus dem rechtswidrigen Verhalten; hierfür wurden 88 Millionen Euro angesetzt.

Dieser Teil richtet sich auch nach den Gewinnen aus der Veräußerung der betroffenen Steuerungsgeräte. Dabei sei berücksichtigt worden, dass Bosch seit Herbst 2015 „umfassend, konstruktiv und zudem ohne Fokussierung auf bestimmte Absatzmärkte“ mit den Ermittlungsbehörden zusammenarbeite, so die Staatsanwälte.

Die Margen der Zulieferer sind niedriger

Zudem wurde die zulieferspezifische Ertragssituation beachtet. Das bedeutet, dass die Margen der Zulieferer niedriger sind als die der Hersteller. Dies dürfte der Grund sein, dass Bosch ein deutlich niedrigeres Bußgeld als etwa Porsche zahlen muss. Anfang des Monats hatte die Staatsanwaltschaft gegen den Sportwagenhersteller eine Strafe von 535 Millionen Euro verhängt. Die Entscheidung gegen Daimler steht noch aus.

Bosch kündigte an, seine bereits umfangreichen Compliance-Strukturen kontinuierlich auszubauen, um das Risiko von Gesetzesverstößen im Unternehmen zu verringern. Damit würden konkrete Leitplanken gesetzt. So sei der Einbau von Funktionen, die Testzyklen automatisch erkennen, verboten. Zudem dürfen Bosch-Produkte nicht für Testsituationen optimiert werden.