Die historische Pleite der CDU in Hamburg verschärft die Führungsdebatte. Die FDP kämpft mit einem Vertrauensverlust, die AfD kassiert nach einer Serie von Wahlerfolgen wohl einen Rückschlag.

Berlin - Die Wahl in Hamburg stellt in dieser für die CDU an Nackenschlägen reichen Zeit einen weiteren schweren Misserfolg für die Christdemokraten dar. Mit rund elf Prozent erreichte die CDU laut Hochrechnungen nicht nur ein historisch schlechtes Ergebnis in Hamburg, es war auch das zweitschlechteste Abschneiden der Partei bei einer Landtagswahl überhaupt. „Es hat politisch gewittert“, sagte Spitzenkandidat Marcus Weinberg. Allerdings taugt der 52-Jährige nicht zum alleinigen Sündenbock: Hinter der CDU liegen Chaostage, verursacht durch die politische Krise in Thüringen und den angekündigten Rückzug von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Diese Geschehnisse seien „alles andere als Rückenwind“ für die Hamburger Wahlkämpfer gewesen, räumte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak ein. Seine Partei erlebe einen „bitteren Tag“.

 

Schnelle Antwort auf offene Führungsfrage gefordert

Da Kramp-Karrenbauer ohnehin nur noch eine Vorsitzende auf Abruf ist, kann sie durch eine Pleite an der Elbe kaum noch mehr beschädigt werden. Allerdings steigt nun der Druck auf die Partei, schnell die offene Führungsfrage zu klären. Entsprechende Forderungen erhoben der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans und der Regierungschef von Schleswig-Holstein, Daniel Günther, am Wahlabend. Denn im Moment herrsche der Eindruck, „dass uns der Kompass fehlt“, kritisierte Hans. In der Sitzung der CDU-Parteigremien am Montag soll über den weiteren Fahrplan gesprochen werden. In der Diskussion ist die Einberufung eines Sonderparteitags im Mai oder Juni, auf dem die Führungsfrage geklärt werden soll.

Schwer wie ein Container aus dem Hamburger Hafen lasten die Geschehnisse in Thüringen auch auf der FDP. In den ersten Hochrechnungen standen die Liberalen mit 5,0 Prozent auf der Kippe und mussten am Wahlabend um dem Wiedereinzug in die Bürgerschaft zittern.

FDP-Chef Lindner: „Da muss Vertrauen erst wieder wachsen“

Das Ergebnis sei eine Niederlage, sagte Parteichef Christian Lindner. Nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen auch mit den Stimmen der AfD habe es unter den Wählern „Irritationen“ gegeben. „Da muss Vertrauen erst wieder wachsen.“ Der bisher unumstrittene Vorsitzende war wegen seines Schlingerkurses in der Thüringen-Krise stark unter Druck geraten. Eigene Fehler konnte Lindner am Wahlabend zwar nicht erkennen, doch eine Wahlschlappe in Hamburg dürfte auch er nicht so leicht abschütteln.

AfD unter Druck geraten

Nach einer Serie von Wahlerfolgen besonders im Osten könnte Hamburg für die AfD der erste Rückschlag seit langer Zeit bei einer Landtagswahl sein. 2015 waren die Rechtspopulisten dort mit 6,1 Prozent erstmals in ein westdeutsches Landesparlament eingezogen. Nach ersten Hochrechnungen zeichnete sich ab, dass die Partei am Sonntag den Wiedereinzug verpasste. Eine generelle Schwäche seiner Partei in Westdeutschland sehe er nicht, sagte AfD-Chef Tino Chrupalla. Die AfD war zuletzt unter Druck geraten, Vertreter anderer Parteien machten sie für Hass und Gewalt gegen Politiker und gesellschaftliche Spaltung mitverantwortlich. Nach den rassistischen Morden von Hanau kam zudem erneut eine Debatte über ein Verbot der rechtspopulistischen Partei auf. Ob das Abschneiden in Hamburg zu einer Mäßigung der besonders rechten Kräfte in der AfD um den Thüringer Landeschef Björn Höcke führen könnte, ist fraglich.

Die Linke feierte ihr leicht auf gut neun Prozent verbessertes Wahlergebnis und den sicheren Wiedereinzug in die Bürgerschaft. „Das ist ein echter Erfolg“, sagte die Vorsitzende Katja Kipping.