Das Foodsharing-Häusle auf dem Goldberg in Sindelfingen hat sich innerhalb weniger Monate etabliert. „Es läuft“, sagen die Betreiber. Doch wird es in dem Stadtteil bald auch eine Quartiersarbeit geben?

Sindelfingen - Der Bürgerverein auf dem Sindelfinger Goldberg zeigt sich beglückt über eine 2700-Euro-Spende der Kreissparkasse. Die kann er für sein „Lebensmittelhäusle“ am Berliner Platz gut gebrauchen. Das Zusammengehörigkeitsgefühl im Stadtteil wachse auch durch solche Initiativen, sagt der Vereinsvorsitzender Markus Kürschner. Das „Lebensmittelhäusle“ am Berliner Platz ist Anfang Juli eröffnet worden – mit Erfolg. „Der Fairteiler wird gut angenommen“, berichtet Markus Kürschner, Sprecher der ehrenamtlichen Helfer, die das Hüttchen an der Dresdner Straße aus Überzeugung initiiert haben.

 

So genannte Foodsaver bestücken diesen Ort des Teilens. Sie bekommen von Supermärkten Obst und Gemüse gespendet und verpackte Lebensmittel, die sich dem Ende des Haltbarkeitsdatums nähern. Auch eine Bio-Bäckerei gehöre zu denjenigen, die lieber spenden als Übriggebliebenes wegzuwerfen. Und auch die Bewohner des Goldbergs schauen in ihre Kühlschränke und Vorratskammern, was anderen zugutekommen kann, wenn man selbst (länger) in den Urlaub fährt.

Warenumschlagplatz seit fünf Monaten

Und so läuft der etwas unhandlich „foodsharing Teil: Ort“ genannte Warenumschlagplatz seit knapp einem halben Jahr immer besser. Alleinerziehende und Familien seien es, die etwas mitnähmen – respektive vorbeibringen. Zehn Leute im „Putzteam“ kümmern sich um die Holzhütte am Rand des ehemaligen Minigolf-Platzes. Einmal täglich wird dort kontrolliert, ob alles sauber ist und ob die Kühlschranktemperatur stimmt. „Auch das Veterinäramt prüft die Lage“, sagt der 61-jährige Freiberufler Markus Kürschner. Die Idee, Lebensmittel zu teilen und zur Verfügung zu stellen, war im Mai 2020 im Bürgerverein entstanden. Und nachdem sowohl die Volksbank als auch die Kreissparkasse sich spendabel zeigten und die Stadtwerke den Platz zur Verfügung stellten, war das Projekt geboren. Kathrin Schmitt, Vize-Vereinsvorsitzende und Mitglied der bundesweiten Foodsharing-Initiative, gilt als Mutter der Idee. Gemeinsam sah man sich auch das als Vorbild dienende Lebensmittel-Hüttle des CVJM in der Seestraße in der Innenstadt an, das ebenfalls gut läuft, wie Markus Kürschner sagt.

Der gebürtige Bayer zählt wie Kathrin Schmitt zu jenen „Raig’schmeckten“, die nicht nur in ihrer neuen Wahlheimat Sindelfingen wohnen, sondern dort auch was bewirken wollen. Der Vertriebs- und Marketingberater lebt seit 2000 in Sindelfingen, lernte dort seine heutige Frau kennen – und blieb. Kürschner hat letztes Jahr auch auf der SPD-Liste für den Gemeinderat kandidiert - mit Platz 22 freilich auf einem nachrangigen Platz. Hätte ihn das Wählervotum trotzdem ins Stadtparlament gespült – der 61-Jährige hätte es nicht abgelehnt. „Es wäre nicht schlecht, jemand vom Goldberg selber säße im Gemeinderat“, findet der Mann aus der Goldmühlestraße. Ein direktes Sprachrohr für den Stadtteil nämlich gebe es dort nicht, erzählt er. Dabei wäre das angesichts von 6500 Menschen, die hier wohnen, so verkehrt nicht.

Stadt will Quartiersarbeit ermöglichen

Und doch will Kürschner nicht jammern. Der Bürgerverein bewege was, werde als Initiative wahrgenommen in der Stadt(verwaltung). Kürschner: „Es ist doch so: Machst du allein was, bist du oft auf verlorenem Posten. Tust du dich mit anderen zusammen, bist du plötzlich eine Macht.“

Das hat man im Rathaus wohl vernommen. Dort ist man aktuell dabei, einen Antrag vorzubereiten, um den Goldberg in das Städtebauförderprogramm „Sozialer Zusammenhalt“ aufzunehmen. Im Herbst 2022 soll der fertig sein, bis zum Frühjahr 2023 rechnet man mit einer Bewilligungsentscheidung – so sie denn kommt.

Analog zu den erfolgreichen Quartierarbeits-Modellen im Eichholz und in der Viehweide könnte dann der Goldberg eine (halbe?) Stelle bekommen. Zurzeit finden Gespräche mit dem Stadtjugendring für ein Konzept statt. Und die Suche nach Räumen dafür läuft ebenfalls schon an.

Der Goldbergverein: Von Fünf auf über 50 in fünf Jahren

2015 gegründet
 Der Bürgerverein Goldberg ist ein Ausfluss der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 50-Jährigen des Goldbergs. Das Fest war ein voller Erfolg. Also hat sich 2015 ein Bürgerverein gegründet, um dieses Gemeinschaftsgefühl in die Zukunft zu verlängern. Aus einer Handvoll Engagierter sind bis heute 56 Vereinsmitglieder geworden.

Sehen und gesehen werden
 Dem Bürgerverein sind Aktivitäten wichtig, die auf Begegnung und Solidarität abzielen. Das Seifenkistenrennen ist einer der Höhepunkte dabei. Auch ein Martinusmarkt dient dem Zusammenhalt. Der Bürgerverein will, dass am Berliner Platz mit seinen Leerständen wieder Leben einkehrt. „Einen Lebensmittelladen und eine Apotheke kriegen wir nicht mehr hier hoch“, weiß der Verein. Aber er hat schon Ideen für die Reaktivierung der guten Goldberg-Stube.