Peyton Manning hat nach seinem Comeback viele Rekorde in der NFL gebrochen. Der legendäre Quarterback macht die Denver Broncos damit zum Meisterschaftsfavoriten – und erlebt mit 37 Jahren seinen dritten Football-Frühling. Mindestens.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Denver - In den USA kommt seit dem vergangenen Wochenende das Bier wieder auf den Grill. Das heißt: die Play-offs in der Football-Profiliga NFL haben begonnen. Denn mit dieser Methode kämpfen die Fans bei ihrer persönlichen Spielvorbereitung vor dem Stadion in den frostigen Regionen des Landes traditionell gegen die teilweise extreme Kälte in dieser Zeit an.

 

Peyton Manning konnte sich das eisige Schauspiel gemütlich aus der Ferne anschauen. Denn der Star-Quarterback hat mit den Denver Broncos eine so starke Saison hingelegt, dass die Mannschaft zum Auftakt der K.-o.-Runde ein Freilos hatte. Das Team aus dem Bundesstaat Colorado startet erst am Sonntagnachmittag (Ortszeit) mit dem Viertelfinale gegen die San Diego Chargers in die Play-offs – im heimischen Denver, wo Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt erwartet werden.

Peyton Manning wird nachgesagt, dass in der winterlichen Kälte seine Wurfgenauigkeit nachlässt. Allerdings fanden die besagten Begegnungen zumeist auswärts statt. Mit 13 Siegen aus 16 Spielen haben sich die Denver Broncos in dieser Saison aber das Heimrecht bis zum Superbowl sichern können. Und Peyton Manning spielt wieder mindestens so gut wie in besten Zeiten, vielleicht sogar noch besser.

Der Rekordmann bleibt bescheiden

Das ist nicht einfach, denn der Spielmacher ist schon jetzt eine Legende mit spektakulärer Vita. Doch in den 16 Hauptrundenpartien dieser Saison hat der 37-Jährige mal eben neue Bestmarken für die meisten Touchdown-Pässe (55) und die meisten erworfenen Yards Raumgewinn (5477) aufgestellt. „Ich werde es genießen, solange sie halten“, sagt der Rekordmann, dessen Bescheidenheit ihn von vielen seiner Arbeitskollegen wohltuend abhebt. „Ich bin ein so großer Fan des Spiels und der Geschichte des Spiels, deshalb ist es eine große Sache für mich.“

Dabei war er schon abgeschrieben. Die Saison 2011 musste er nach einer Nackenoperation komplett auslassen, seine Karriere schien vorüber. Die Indianapolis Colts entließen ihn im März 2012 nach 14 erfolgreichen Spielzeiten. Peyton Manning schloss sich nach seiner Leidenszeit den Denver Broncos an. Gleich in seiner ersten Saison in Colorado glänzte er. Er führte seine neue Mannschaft mit 37 Touchdowns und 4659 erworfenen Yards als topgesetztes Team in die Play-offs, in denen die Broncos jedoch nach zweimaliger Verlängerung am späteren Meister Baltimore Ravens mit 35:38 scheiterten.

Sein gutes erstes Comebackjahr übertraf Peyton Manning nun bei Weitem, seine Wahl zum wertvollsten Spieler der Saison (MVP) ist reine Formsache. Er wird die Auszeichnung zum fünften Mal erhalten – noch so ein Rekord. Die Denver Broncos überrollten die staunenden Gegner mit ihrer Offensivmaschinerie bisweilen regelrecht und stellten mit 606 erzielten Punkten eine neue Bestmarke auf. Nur fünf Mannschaften in der NFL-Geschichte haben jemals mehr als 550 Zähler geschafft – allerdings gewann keines dieser Teams die Meisterschaft.

Das ist auch so ein bisschen Peyton Mannings Makel: Trotz all seiner Brillanz hat er nur einmal (2007) den Titel geholt. Damit liegt er allein in der familieninternen Statistik nur auf Platz zwei. Denn Eli Manning (New York Giants) durfte die Superbowl-Trophäe 2008 und 2012 in die Höhe stemmen, obwohl er nicht über die individuelle Extraklasse seines älteren Bruders verfügt.

Spielmacher der alten Schule

Während die Quarterbacks moderner Prägung athletische Ausnahmeerscheinungen sind und auch mit ihren flinken Füßen für Raumgewinn sorgen, ist Peyton Manning ein Spielmacher alter Schule – ein Taschenspieler. Er bleibt, im Vergleich fast schon etwas hölzern wirkend, stets in dem menschlichen Schutzwall um ihn herum, der im Fachjargon „pocket“ (Tasche) genannt wird: Fünf kolossale Bodyguards schützen ihn vor den heranstürmenden Verteidigern.

Peyton Manning kann das Spiel lesen wie kein Zweiter. Er betreibt akribisches Videostudium und agiert fast wie ein Trainer auf dem Spielfeld: Er ahnt anhand der Aufstellung der gegnerischen Defensive deren Strategie voraus und verändert nicht selten kurzfristig den von seinem Coach vorgegebenen Spielzug. Wie perfekt er das macht, belegen die aktuellen Rekordstatistiken der Denver Broncos. Doch bis jetzt ist seine historische Saison nicht mehr als ein Kuchen ohne Glasur.

Defensiv hat das Team Schwächen. Umso mehr kommt es auf Peyton Manning an. Da der 37-Jährige in Wes Welker nach einmonatiger Verletzungspause nun auch wieder auf seinen renommiertesten Passempfänger bauen kann, müssen sich die Gegner warm anziehen – auch wenn die Temperaturen nicht zum Biergrillen zwingen.