Der Traum vom Titel ist für den Renault-Piloten Nico Hülkenberg so gut wie vorbei. Mit 32 Jahren steht er auf der Wunschliste der Teams nicht mehr ganz oben.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Barcelona - Stubenrein? „Ist er noch nicht“, sagt Nico Hülkenberg. Der kleine Zeus, ein wenige Wochen alter Zwergspitz, lässt noch gelegentlich etwas fallen in der Wohnung in Monaco, in der der Rennfahrer und seine Partnerin Egle Ruskyte leben. „Man hat mir gesagt, es dauert ein paar Monate, bis er stubenrein ist“, meint der Renault-Angestellte. Nur gelegentlich lässt der 31-Jährige in der Öffentlichkeit auch mal ein paar Sätze über sein privates Umfeld fallen, gewährt Blicke in sein Appartement im Stadtteil Lavrotto, wo das Paar ganz in der Nähe der Familie von Nico Rosberg wohnt. Warum auch nicht? Der Formel-1-Pilot und die Modedesignerin führen eine harmonische Beziehung, alles passt bestens – und auf die Frage, ob Egle eine Frau zum Heiraten sei, überlegt Hülkenberg keine Sekunde: „Auf jeden Fall!“

 

Ein geordneten familiäres Umfeld ist Voraussetzung für gute Leistungen im Beruf, davon ist der gebürtige Emmericher überzeugt. „Wenn man da zufrieden ist, wirkt sich das aufs Business aus“, betont er. Tatsächlich? Mag sein, dass im Mikrokosmos Hülkenberg/Ruskyte alle Planeten sich in einer harmonischen Balance bewegen, doch vor dem Großen Preis von Spanien in Barcelona an diesem Sonntag (15.10 Uhr/RTL) ist das Universum bei Renault deutlich in Unordnung geraten. An der Rennstrecke herrscht für Hülkenberg seit Wochen Alarmstufe gelb, was nicht nur daran liegt, dass die Autos der französischen Werkteams so lackiert sind. Vergangene Saison war der Rheinländer als WM-Siebter der beste Mann, der nicht in einem Topteam beschäftigt war, und Renault als WM-Viertel ebenfalls Best of the rest. Im Mai 2019 ist „Hulk“ lediglich Elfter mit sechs Pünktchen, der Rennstall aus Enstone dümpelt auf Rang sieben, McLaren, Racing Point und Sauber-Alfa Romeo haben Renault überholt. „Wir schöpfen unser Potenzial nicht aus“, ist Hülkenberg überzeugt, „ganz objektiv: Wir sind nicht gut genug.“

Podestplatz – Fehlanzeige

In seinem dritten Jahr beim französischen Werkteam wollte der Deutsche eigentlich siegfähig sein, ein siebter Platz in Australien aber ist der Höhepunkt der aktuellen Saison. Zu wenig. Viel zu wenig. „Die Stoppuhr lügt nicht – es fehlt eine Menge, um aus eigener Kraft aufs Podium zu kommen“, gibt Hülkenberg zu. Im Gegensatz zum Privatleben fliegen bei den Business-Meetings auch mal die Fetzen. „Natürlich fallen da deftige Worte, man muss manche Dinge klar beim Namen nennen“, verrät der Rennfahrer, „aber du kannst nicht alle einfach zusammenfalten, das sind ja alles hoch intelligente Leute – und letztlich müssen wir gemeinsam ein Ziel erreichen.“ Wieder Platz vier in die Hierarchie einnehmen, das wäre wohl das Mindeste. Podestplätze scheinen utopisch.

Dabei wollte Hülkenberg Weltmeister werden. 2013 war ein Vertrag mit Ferrari in der Mache, doch die Scuderia entschied sich kurz vor knapp für Kimi Räikkönen. Und bei Mercedes und Red Bull öffnete sich die Tür maximal einen Spalt und fiel gleich wieder ins Schloss. Es sollte nicht sein mit der Liaison Topteam/Hülkenberg; und nun, mit bald 32 Jahren, zählt der Kerl nicht mehr zu den Talenten, die Mercedes, Ferrari und Red Bull auf ihrer Scoutingliste haben. Weltmeister? Der Titel dürfte so unerreichbar bleiben wie die 2,537 Millionen Lichtjahre entfernte Andromeda-Galaxie für Astronauten – auch wenn Carlos Sainz junior, einst Teamkollege bei Renault, überzeugt ist, dass „Hülkenberg in einem Top-Auto längst Weltmeister“ wäre. „Ein nettes Kompliment“, sagt der dazu, „ich traue mir das zu, als Fahrer muss ich mich nicht verstecken.“ Doch es dürfte klüger sein, darauf zu wetten, dass Zwergspitz Zeus bald stubenrein wird, als darauf, dass sein Herrchen die Formel-1-Krone erobert. Zumindest geht Hülkenberg in die Serien-Geschichte ein als der Formel-1-Pilot mit den meisten Grand-Prix-Starts ohne Podestplatzierung. In Barcelona startet er zum 161. Mal, drei Mal wurde er Vierter.

Eine Schicksalsgemeinschaft

Wenn er Champion werden will, und davon darf man ausgehen, kann Hülkenberg das eigentlich nur mit Renault als Partner gelingen, mit einem finanziell gut ausgestatteten Werkteam, das große Potenziale besitzt. Es ist eine Schicksalsgemeinschaft – ein ehrgeiziger und fähiger Pilot, der dahin strebt, wo er nach eigenem Selbstverständnis hingehört, und ein Rennstall, der aus Prestigegründen einen Topfahrer benötigt, um die Lücke zu Mercedes und Ferrari zu schließen. Hülkenbergs Vertrag läuft am Saisonende aus, man hat ein paar freundliche Worte gewechselt, aber freilich ist längst nicht entschieden, ob die Partnerschaft fortgesetzt wird.

Das absolute Glücksgefühl hat sich zwischen dem Rennfahrer und dem Hersteller noch nicht eingestellt – ganz im Gegensatz zur privaten Verbindung mit der Litauerin Egle Ruskyte. Womöglich unterschreibt Nico Hülkenberg den Ehevertrag noch vor dem Arbeitsvertrag. Und man sagt ja auch: Wenn sich ein Paar einen Hund anschafft, übt es im Grunde für ein Kind...