Die Formel 1 ist zurück auf der Rennstrecke. Der Corona-Betrieb verändert auch die Rennserie sichtbar. Doch an der Spitze bietet sich auf den ersten Trainingsrunden ein vertrautes Bild.

Spielberg - Der Blick auf die leeren Tribünen beim Neustart der Formel 1 schmerzte Weltmeister Lewis Hamilton. „Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ich Euch alle vermisse. Es ist ein großer Unterschied, Euch nicht hier zu haben“, tippte der 35-Jährige am Freitag zwischen den ersten Trainingseinheiten beim verspäteten Saisonauftakt der Rennserie in sein Handy. Keine Fans in Österreich, Mechaniker mit Masken, ein gespenstisches Fahrerlager und strenge Hygieneregeln - Corona verändert auch das PS-Spektakel. Eins aber ist wie zuvor: Hamilton beherrscht im Mercedes die Konkurrenz.

 

Der Titelverteidiger fuhr im Training von Spielberg zur Bestzeit und bekräftigte umgehend seine Favoritenrolle für die verkürzte Notsaison der Motorsport-Königsklasse. Im Silberpfeil, dessen schwarze Lackierung ein Signal im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung setzen soll, waren Hamilton und sein Teamkollege Valtteri Bottas klar schneller als die Herausforderer. „Wir dürfen nicht langsam aus den Startlöchern kommen, sondern müssen sofort lossprinten“, hatte der Champion nach seiner Ankunft in der Steiermark gemahnt.

Max Verstappen als Konkurrent

Gesagt, getan. Auf dem Weg zu seinem siebten Titel, mit dem er den Rekord von Michael Schumacher einstellen würde, will Hamilton erst gar keine Zweifel aufkommen lassen. „Das ist mehr als je zuvor eine Herausforderung für den Kopf und den Körper“, sagte der Brite.

Gefährlich werden könnte Hamilton wohl neben Stallrivale Bottas am ehesten Red-Bull-Pilot Max Verstappen. Der Niederländer hat in den beiden vergangenen Jahren das Heimspiel seines Teams in der Steiermark gewonnen, kam im Training aber nicht gut in Fahrt. Trotz eines Ausritts ins Kiesbett hält der 22-Jährige die sieben Monate lange Rennpause wegen der Corona-Pandemie für keine Ausrede beim Auftakt der Hamilton-Jagd. „Wenn du nach einem Jahr wieder auf ein Fahrrad steigst, weißt du auch noch, wie es geht“, sagte Verstappen.

In der Tat blieb bei den Übungsrunden am Freitag das von manchen befürchtete Chaos aus, die Fahrer tasteten sich schnell wieder in den Grenzbereich vor. Dabei musste Ferrari wie erwartet feststellen, dass die Spitze derzeit ein Stück entfernt ist. Sebastian Vettel verbesserte sich nach Platz zwölf am Vormittag noch auf Rang vier bei der zweiten Einheit. Teamkollege Charles Leclerc steckte im Mittelfeld der Zeitentabelle fest. „Wir sind zu 99 Prozent sicher, dass wir mehr Probleme haben werden als letztes Jahr“, sagte Leclerc.

Notkalender für Rennserie

Schon bei den Testfahrten im Februar hatte die Scuderia erkannt, dass sie beim Fahrzeugkonzept daneben lag. Nun soll das Auto bis zum dritten Rennen in Ungarn in zwei Wochen komplett überholt werden. „Es ist zu früh, alles abzuschreiben“, mahnte Vettel, für den es die letzte Saison bei Ferrari und damit die letzte Chance auf den ersehnten WM-Titel in Rot wird.

Über wie viele Rennen die Abschiedstour des viermaligen Weltmeisters führen wird, ist noch immer unklar. Nach den ersten zwei Grand Prix in Österreich sind sechs weitere WM-Läufe in Europa bestätigt. Den Rest des Notkalenders will die Rennserie dann verkünden, wenn mehr Klarheit über die Corona-Lage für die noch nicht abgesagten Gastspiele in den USA, Mexiko und Brasilien herrscht. „Wir haben von 15 bis 18 Rennen gesprochen, mit diesem Ziel fühlen wir uns weiter wohl“, sagte Geschäftsführer Chase Carey.

Corona-Fall beim McLaren-Team

Zunächst aber muss der Neuanfang im beschaulichen Murtal gelingen, inmitten von Wäldern und Weideflächen. „Der Motorsport ist zurück“, twitterte Weltverbandschef Jean Todt nach den ersten Trainingsbildern aus Spielberg entzückt. Mitte März hatte die Formel 1 die kurzfristige Absage des Grand Prix im australischen Melbourne wegen eines Corona-Falls beim McLaren-Team geschockt. Nun soll ein umfassendes Corona-Konzept den Rennbetrieb sichern.

Die strikte Maskenpflicht und penible Kontaktregeln wirken indes in Österreich eher übertrieben, da außerhalb des Red-Bull-Rings das Leben längst wieder deutlich lockerer läuft. „Aber wenn das die Bedingung dafür ist, dass wir wieder Rennen fahren dürfen, dann ist das in Ordnung“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Am Ende des Ausnahmejahres könnte schließlich der nächste Titel warten.