Der Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat durch seine Beteiligung am Hersteller Aston Martin Spekulationen um einen Wechsel angeheizt.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Die letzte Investition des Mercedes-Sportchefs Toto Wolff hat für Aufregung gesorgt. Er hat sich keinen Zweitwagen gekauft, sondern Anteile an der britischen Traditionsmarke Aston Martin. 0,95 Prozent sind das, und nach dem aktuellen Aktienkurs des angeschlagenen Sportwagenherstellers hätte diese Beteiligung einen Wert von etwa 9,2 Millionen Euro. Nach dem guten alten Anlegerprinzip, wonach es Sinn macht, dann einzusteigen, wenn der Kurs im Keller ist, hat Wolff wohl vieles richtig gemacht.

 

Diese finanzielle Beteiligung sorgt jedoch für Sprengstoff in der Formel-1-Szene, weil Wolff als Mercedes-Mann sein Geld ausgerechnet in eine Marke steckt, die in der nächsten Saison in der Formel 1 mitmacht, denn Aston Martin übernimmt das bisherige Team Racing Point. Schon einmal musste sich Wolff von einer Beteiligung am Williams-Team trennen, weil es sich für einen Mercedes-Sportchef nicht gehört, sein Geld in einen Konkurrenten zu investieren und ihm damit möglicherweise sportlich nur das Beste zu wünschen. Also führt das Aston-Martin-Geschäft dieser Tage für die Medien unweigerlich zu dem Ergebnis: Wolff wird seinen 2020 auslaufenden Mercedes-Vertrag nicht verlängern und wohl eine führende Position bei Aston Martin annehmen.

Es gibt größere Probleme

Gegen diese Schlussfolgerung wehrt sich der Österreicher, der vor seinem Motorsport-Engagement mit Investitionen in Internet- und Technologieunternehmen zu einem Vermögen gekommen sein soll, vehement. „Bei den meisten Geschichten, die man darüber lesen konnte, haben die Leute eins und eins zusammengezählt und daraus drei gemacht. Was ist mein aktueller Status? Meine Beteiligung bei Mercedes ist aufrecht, mein Vertrag läuft bis Ende 2020, und wir sind weiterhin in guten Gesprächen, was wir gemeinsam weiter machen wollen“, sagt Toto Wolff. Man sei am Diskutieren, doch durch die Corona-Krise sind Dinge wie Vertragsverhandlungen in den Hintergrund gerückt. „Wir alle haben jetzt größere Probleme zu lösen – menschliche Probleme in unseren Firmen“, erklärt Wolff.

Im Hinblick auf seine Vertragsverlängerung stehen die Zeichen positiv, er wird der Sternmarke wohl auch über das Jahr 2020 hinaus treu bleiben. Seit 2013 ist er Sportchef, in dieser Zeit gab es fünf WM-Titel bei den Fahrern und fünf bei den Konstrukteuren, eine unglaubliche Bilanz ist das. Wolff machte Mercedes auch deshalb so erfolgreich, weil er den Vorständen in Stuttgart von Anfang an klarmachte, dass WM-Titel auch eine Frage des Budgets sind. Und weil er Mitarbeiter motivieren kann – vom Ingenieur bis hin zu Superstar Lewis Hamilton. Die persönlich erworbenen Aston-Martin-Anteile sehen sie im Hause Mercedes derweil auch nicht als problematisch an, „Totos Partnerschaft und Führungsrolle mit Mercedes bleiben von der Transaktion unberührt“, sagt Teamsprecher. Ohnehin ist der Daimler-Konzern selbst mit fünf Prozent an Aston Martin beteiligt. Und hätte dadurch sogar die Macht gehabt, Wolff als künftigen Anteilseigner abzulehnen.

Das Engagement wankt

Dies ist nicht der Fall. Ohnehin sind die beiden Unternehmen durch technische Kooperationen miteinander verbunden, so beliefert Mercedes den Sportwagenhersteller mit Motoren. Auch in der Formel 1 arbeiten Mercedes und Racing Point, das bald Aston Martin heißt, eng zusammen. Seit zehn Jahren ist der Rennstall Partner und Kunde von Mercedes – mit Motorenlieferungen, dem Austausch von Getriebeeinheiten, Hydraulikteilen sowie anderen technischen Komponenten. Auch nutzt Racing Point den Windkanal von Mercedes.

Wechselt nun bald auch der Sportchef die Seite, zumal Racing Point dem Aston-Martin-Chef Lawrence Stroll gehört, der ein guter Freund von Toto Wolff ist? „Ich bin und bleibe Motorsportchef von Mercedes-Benz. Es gibt kein Grund zu glauben, dass etwas sich daran ändern wird – selbst wenn alles noch nicht in trockenen Tüchern ist“, sagt Wolff zu den Wechselspekulationen. Nicht einmal die Zukunft von Mercedes in der Formel 1 ist in trockenen Tüchern. Über das Saisonende hinaus ist nur ein Verbleib als Motorenlieferant fixiert – nicht aber der Einsatz eines Teams. Dass Daimler enorme Sparzwänge hat, bringt sogar das komplette Formel-1-Engagement ins Wanken.