Im Januar kommt die große Forstreform. Was bedeutet das für die Bürger im Kreis Böblingen?

Böblingen - Schön ist es in dem Wald namens „Wasserbach“, zwischen dem Silberberg, Rutesheim und Renningen gelegen. Das wusste schon der württembergische Herzog Karl, der hier anlässlich seiner Hochzeit anno 1748 zwei Seen anlegen ließt, um es bei der Treibjagd einfacher zu haben. Zwangsverpflichtete Bauern waren fortan tagelang damit beschäftigt, aus der Umgebung das Wild des Waldes zusammenzutreiben. Die Tiere flüchteten in die Seen – und wurden dort von der Hochzeitsgesellschaft erlegt.

 

Dass der herzogliche Wald dem Land gehört, hat noch heute, 271 Jahre später, konkrete Auswirkungen. Zum 1. Januar setzt das Land seine große Forstreform um. Kern ist, dass sich das Land selbst um seine Wälder kümmert – also zum Beispiel auch um den 143 Hektar großen Staatswalddistrikt Wasserbach. Aber was bedeutet das konkret für die Bürger?

Wer hat sich bislang um den Wald gekümmert?

Rund 20 000 Hektar Wald gibt es im Kreis Böblingen. 75 Prozent davon sind im Besitz der Städte und Gemeinden, 20 Prozent gehören dem Land Baden-Württemberg (der sogenannte Staatswald) und 5 Prozent sind Privatwald. Bisher gibt es die sogenannte „Einheitsforstverwaltung“. Egal, ob der Wald den Gemeinden, dem Land oder privaten Besitzern gehört: Förster vom Forstamt, einer Abteilung des Landratsamts Böblingen, kümmern sich um die Wälder. Ausnahmen im Kreis bilden nur die Städte Sindelfingen, Leonberg und Renningen, wo die Förster direkt bei den Stadtverwaltungen angestellt sind.

Was ändert sich?

Vom 1. Januar an ist das Forstamt Böblingen nicht mehr für den Staatswald zuständig, also den Wald im Besitz des Landes. Damit verliert die Behörde eine Fläche von 4000 Hektar im Kreis Böblingen. Das Land gründet dafür eine öffentlich-rechtliche Anstalt, nämlich die „ForstBW“, deren Förster und Waldarbeiter sich um den Staatswald kümmern werden. Sitz der für den Kreis Böblingen zuständigen Mitarbeiter von ForstBW wird Dettenhausen (Kreis Tübingen) sein.

Was merkt der Bürger?

„Der Bürger hat bislang den Wald als Wald begriffen“, sagt Reinhold Kratzer, der Leiter des Böblinger Forstamts. „Bisher hat er wenig unterschieden, wem der Wald gehört.“ Das ändert sich nun von Januar an. Wenn nun ein Ast runtergefallen oder ein Baum auf den Feldweg gestürzt ist, reicht ein Anruf in Böblingen bei Reinhold Kratzer und seinen Kollegen nicht mehr. Dort kann man fortan nur tätig werden, wenn das Problem im Kommunalwald entstanden ist. Ist der Baum zum Beispiel im Staatswald „Wasserbach“ umgestürzt, sind die Dettenhausener Förster zuständig.

Was passiert mit dem Forstamt?

Das Forstamt in Böblingen wird kleiner. „Es gilt, dass das Personal den Aufgaben folgt“, berichtet Kratzer. „Die Kollegen, die bislang vor allem mit dem Staatswald befasst waren, verlassen uns.“ Das sind drei Forstbeamte, eine Sachbearbeiterin und acht Waldarbeiter, die zum 1. Januar vom Forstamt zu ForstBW wechseln.

Was ist mit meinem Förster vor Ort?

In 19 Forstreviere war der Kreis Böblingen bislang aufgeteilt. Diese werden zu künftig 15 Revieren zusammengelegt. Das wirkt sich vor allem im südlichen Kreis Böblingen aus, wo es im Schönbuch – der beliebten Jagdgegend der Könige – besondern viel Staatswald gibt. Auf der Schönbuchlichtung werden Reviere zusammengelegt. Größer wird zum Beispiel auch das Forstrevier Magstadt. Jochen Müller wird künftig auch für Ehningen zuständig sein.

Im nördlichen Teil des Kreises ändert sich wenig, gibt Forstamtsleiter Reinhold Kratzer auf Nachfrage unserer Zeitung bekannt. Ulrich Greß bleibt für Leonberg zuständig. Markus Scholl für Weil der Stadt, Rolf Maier für Renningen und Ulrich Neumann für Rutesheim und Weissach. „Die Gemeinden haben im Vorfeld betont, dass sie ihren Förster gerne behalten möchten“, erklärt Kratzer.

Warum braucht es die Reform?

Weil das bisherige Einheitsforstamt auch das Holz einheitlich verkauft hat, hatte das Bundeskartellamt jahrelang gegen Baden-Württemberg geklagt. Obwohl das Land in letzter Instanz vor dem Bundesgerichtshof gewann, entschied sich der Landtag im Mai 2019 trotzdem dafür, nicht nur den Holzverkauf, sondern auch die Beförsterung der Staatswälder aus den Landratsämtern herauszulösen. Das Bundeswaldgesetz, das EU-Beihilferecht und das Wettbewerbsrecht machten die Reform der Forstverwaltung unumgänglich, hieß es. Auch die bisherige Subventionierung wird eingestellt.

Es gibt also weniger Geld?

Damit das Landratsamt einen Förster in die Kommunalwälder schickt und anschließend das Holz verkauft, müssen die Städte und Gemeinden dafür bezahlen. Bisher aber nur etwa 75 Prozent, den Rest übernahm der Kreis und das Land. Das dürfen sie nicht mehr. Beispiel Weil der Stadt: Dort rechnet man damit, dass die Kosten für Förster und Holzverkauf um 28 000 auf 79 000 Euro steigen.

Was ändert sich noch?

Wenn der Kreistag im Dezember zustimmt, bleibt die kommunale Holzverkaufsstelle bestehen. Ein Mitarbeiter des Kreis-Forstamts übernimmt dort den Holzverkauf für alle Stadt- und Gemeindewälder. „Bürger bekommen die Reform aber auch im Bereich der Waldpädagogik zu spüren“, ergänzt Reinhold Kratzer. Seine Behörde bekommt dafür mehr Mittel, ein eigener Mitarbeiter wird sich darum kümmern und zum Beispiel mit Schülern Waldrundgänge unternehmen.