Ein Bericht des Revierförsters von Filderstadt macht deutlich: Den Wald plagen gleich mehrere Probleme. Und diese hängen miteinander zusammen.

Filderstadt - Die geplanten Einnahmen aus dem Holzverkauf muss die Stadtverwaltung Filderstadt in diesem Forstwirtschaftsjahr zum Großteil abschreiben. Bis Anfang Oktober wurde statt der vorgesehenen 2300 Festmeter nicht mal die Hälfte eingeschlagen. Der Hauptgrund: Die Preise sind bei nahezu allen Holzsorten im Keller, der Markt ist durch Sturm- und Käferholz europaweit übersättigt. Statt 130 000 Euro sind in diesem Jahr bislang nur 48 000 Euro reingekommen. Auch fürs kommende Jahr rechnet der Revierförster Eckard Hellstern mit keiner nennenswerten Verbesserung, daher hat er den Planansatz schon von 125 000 auf 102 000 Euro nach unten korrigiert, und selbst das wird wohl nicht zu erreichen sein, war jüngst in der Sitzung des Technischen Ausschusses zu hören.

 

Das PEFC-Siegel steht auf der Kippe

Manchem Stadtrat wird ohnehin zu viel gefällt. Richard Briem (Freie Wähler) sähe eine weitere Reduzierung der Einschlagmenge gern. „Wollen wir überhaupt einen Wirtschaftswald oder einen Erholungswald?“ In eine ähnliche Richtung zielte sein Fraktionskollege Matthias Weinmann. „Rechnet sich der hohe Aufwand für die Zertifizierung überhaupt?“ Gemeint war das PEFC-Siegel. Es garantiert, dass Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung stammt, und erlaubt, Stammholz zu verkaufen, etwa an die Möbelindustrie. Dafür dürfen für die Waldarbeit nur biologisch abbaubare Kraftstoffe verwendet oder Jungpflanzen ausschließlich über zertifizierte Baumschulen bezogen werden. Bereits Ende 2019 jedoch hatte Hellstern, ebenfalls im Technischen Ausschuss, darauf hingewiesen, dass die Zertifizierung auf der Kippe stehe. Ein Auditor habe moniert, dass zu viele Jungbäume von Rehen angefressen würden.

Schon vor gut einem Jahr war angesichts niedriger Holzpreise die Notwendigkeit des Siegels in Frage gestellt worden. In der jüngsten Sitzung bekräftigt der Förster aber, dass die Zertifizierung die Forstwirtschaft stärke und gewisse Standards dokumentiere. Oberbürgermeister Christoph Traub sprang ihm zur Seite. „Es wäre der falsche Reflex, wenn man denkt, man nimmt das Zertifikat zurück und alles ist gut“, sagte er.

Verkehrssicherungspflicht des Försters

Klar wurde in der Sitzung jedenfalls: Die Sorge um den Zustand des Waldes wächst. Jede Fällung wird kritisch beäugt. So wurden zuletzt auf der Deponie Eichholz oder an der Gedenkstätte am Bärensee Bäume geschlagen. „Das sieht übel aus“, sagte etwa Walter Bauer (SPD) und forderte Aufklärung. Eckard Hellstern wiederum verwies auf seine Verkehrssicherungspflicht. „Ich weiß, dass das in der Bevölkerung nicht gut ankommt, aber ich kann nicht warten, bis die Bäume den Leuten auf den Kopf fallen.“ Drei extreme Dürrejahre sowie Schädlingsbefall setzten dem Wald massiv zu. Die Erlen auf der Deponie Eichholz etwa seien durch Pilze teilweise hohl gewesen. „Wir haben momentan bei allen Baumarten Schwierigkeiten“, betonte er. Demnächst müsse man nahe der Tennisplätze im Weilerhau an kranke Roteichen ran. Auch das Mehr an Zwangsfällungen treibt im Übrigen die Kosten nach oben und drückt die ohnehin mageren Erlöse aus dem Wald.

Guter Rat ist teuer. Catherine Kalarrytou (Grüne) etwa regte an, Gastbaumarten aus anderen Regionen zu pflanzen, die möglicherweise resistenter seien. Neu ist die Idee nicht, landesweit und in Filderstadt. „Die ältesten Gastbäume sind 20 Jahre alt“, sagte Hellstern, wie sich ausländische Arten langfristig im hiesigen Ökosystem bewährten, sei indes unklar. Er will weiter vor allem auf die Naturverjüngung setzen. Die macht, Erlöse hin oder her, einen gewissen Einschlag notwendig, um jungen Bäumen mehr Platz zum gesunden Gedeihen zu geben. „Das dient der Waldpflege“, betonte er. Und er versprach: „Wir schlagen nicht mehr Holz als nachwächst.“