Der Todestag des österreichischen Autors Thomas Bernhard jährt sich zum 30. Mal. Jetzt bietet ein Fotoband intime Einblicke in alle drei Häuser des Dichters. Und das Hörbuch „Meine Preise“ enthält O-Töne des Büchner-Preisträgers.

Bauen/Wohnen/Architektur : Nicole Golombek (golo)

Obernathal - Ein traurig stimmender Gedenktag ist dies, denn Thomas Bernhard hätte man ein wenn nicht ewiges, doch sehr langes Leben gegönnt. Schon, damit er mehr Zeit gefunden hätte, seiner Freude an der Litanei zu frönen. In der variantenreichen, emotional hochtourigen Beschimpfung der Kulturspießer und Nationalsozialisten ist der Dichter unerreicht.

 

Der berühmteste Grantler Österreichs, wenn nicht der Welt, ist vor dreißig Jahren gestorben, am 12. Februar 1989. Er wurde nur 58 Jahre alt. Bernhard-Freunde zitieren gern aus Romanen wie „Auslöschung“ und „Frost“. Und sie pilgern zu den Wohnstätten Bernhards in Österreich. Wer nicht hinfährt, erfreut sich nun an dem Fotoband „Hab und Gut“ (Brandstätter Verlag, Wien, 174 Seiten, 35 Euro).

Hinterfotziger Watschenmeister

Kluge Leute wie Barbara Vinken, André Heller, Peter Fabjan (der Arzt und Halbbruder Bernhards) schreiben über den Autor und seine drei Häuser, den Bauernhof Obernathal, die Klause Krucka und das Haus Ottnang. „Mit der Sprachmachete schlug er seinen brachialen Wahrheiten, genialen Lästerungen ,grotesken Überhöhungen, anrührenden Liebesversuchen und anderen Fantasie-Eruptionen den Weg in die bleibende Gültigkeit frei. Bernhard war auch ein Lachfallensteller, ein hinterfotziger Watschenmeister und Erregungshochleistungsvirtuose. Alles in allem: ein Solitär, wie man ihn nur einmal alle unheilige Zeit findet“, schreibt André Heller über den Büchner-Preisträger in dem Fotoband „Hab und Gut“.

Auch der Fotografien wegen ist dies Buch ein Fest für Bernhard-Freunde. Herta Hurnaus fotografiert die Gebäude von außen und innen. Man sieht Küchen, Bäder, Schlafräume. Plattenspieler, Hirschgeweihe, Bilder. Die penibel sortierten Schubladen voller Gürtel und Handschuhe, die Lederschuhkollektion – Zeugnisse dafür, welch ein Dandy Bernhard auch war.

Der Tisch, an dem „Heldenplatz“ entstand

Stattliche Sammlungen an Hüten und Mützen, die den Dichterkopf schützten, sind darunter auch zu finden. Und fotografiert wurde der Tisch samt Maschine, an dem ein Drama entstanden sein soll, das auch für diesen Schreibort eine passende Bezeichnung ist: „Heldenplatz“.

Uraufgeführt wurde das Stück 1988 am Wiener Burgtheater vom ehemaligen Intendanten des Stuttgarter Schaupielhauses, Claus Peymann. Peymann, inzwischen Direktor des Burgtheaters Wien, hatte das Stück bei Bernhard in Auftrag gegeben. Anlass war das Jubiläum 100 Jahre Burgtheater. Aber auch das Jahr zum „Anschluss“ Österreichs. Am 15. März 1938 hatte Adolf Hitler auf dem Wiener Heldenplatz unter dem Jubel Hunderttausender verkündet, jetzt gehöre Österreich dem Deutschen Reich an. Das Stück spielt fünfzig Jahre nach Hitlers Rede, heute aber, so heißt es im Drama, sei die Situation „noch viel schlimmer“. Es kam zum Skandal, seine Verbeugung nach der Uraufführung war Thomas Bernhards letzter öffentlicher Auftritt.

Claus Peymann liest „Meine Preise“

Peymann war zuletzt auf Lesetour eines posthum erschienenen Buches von Bernhard, „Meine Preise“. Lauter Texte über Orte, an denen Bernhard Auszeichnungen erhielt, viele dieser Städte und Menschen, mit denen er zu tun hatte, kommen nicht besonders gut davon. Mit welch hörbarem Vergnügen Peymann diese Texte vorträgt, ist nun auch auf einem Hörbuch zu erleben: „Meine Preise“ (bei Tacheles, 2 CDs, 20 Euro). Die ungekürzte Fassung enthält O-Töne von Thomas Bernhard. Der Dichter, wie er lebt und schimpft.