Er ist Fotograf, Präsident der Hells Angels Stuttgart und unser Nachbar: Lutz Schelhorn. In seinem Fotostudio mussten nun harte Kerle still halten. 

Stuttgart - Wenn Lutz da ist, dann steht meist eine schicke Maschine vor dem O8. Und öfters steht Lutz auch mal selbst vor dem Büro und raucht. Das macht er nämlich seit kurzem nicht mehr in seinem Fotostudio im Erdgeschoß. Bessere Luft und so. Da wir uns immer auf dem Weg nach drinnen oder draußen treffen, wurde es Zeit für einen Besuch im Studio. Meist steht Lutz Schelhorn als Fotograf nämlich hinter der Kamera. Schwarz-weiß sind bei Lutz nur die Bilder seiner letzten beiden Fotoprojekte. Sein Leben ist es nicht. Bis vor einigen Jahren reparierte Lutz Schelhorn noch Motorräder, dann beschloss er im Jahr 2003 (mit immerhin 44 Jahren): Ich werde Fotograf. Gesagt und wirklich getan. Er brachte sich alles selbst bei, war mit Leidenschaft bei der Arbeit. Inzwischen sind Bildbände und Ausstellungen aus seinen Arbeiten entstanden. 

 

Verschiedene Graustufen 

Er fotografierte den Alltag geistig Behinderter, für sein Fotoprojekt "Stuttgart von unten" porträtierte er Obdachlose und erhielt dafür 2008 den Caritas Solidaritätspreis. Er dokumentierte den Alltag einer Grund- und Hauptschule in Ostheim, setzte sich so lange ins Klassenzimmer und auf den Schulhof, bis die Kinder ihn fast vergessen hatten. Erst dann entstanden die Bilder, die er brauchte. Für das Fotoprojekt "Die Chemie der Erinnerungen" hat er eineinhalb Jahre die Gleise am Nordbahnhof fotografiert. Von hier wurden in den Jahren 1941 bis 1945 mehr als 2500 Juden deportiert. Seine Bilder sollen daran erinnern. 30 Dias wurden dafür im Boden unter dem Gleis vergraben, die Erde hinterließ darauf ihre ganz eigenen Spuren. Entstanden sind beeindruckende Bilder, die auch in der Nähe der heutigen Gedenkstätte ausgestellt sind.

Wer momentan die Buchhandlung Wittwer betritt (Eingang kleiner Schloßplatz), der sieht Lutz' Bildband über den Stuttgarter Hauptbahnhof zentral auf einem der Ausstellungstische liegen. "Stuttgart Hauptbahnhof: Eins vor 21", lautet der Titel. Ein Jahr lang streifte Lutz mit seiner Großformatkamera durch den Hauptbahnhof, beobachtete und drückte in den unterschiedlichsten Momenten auf den Auslöser. Entstanden ist ein Porträt des Hauptbahnhofes in schwarz-weiß, der so nie wieder zu sehen sein wird.

Auch in der Bikerszene kennt Lutz Schelhorn jeder. Lutz ist der Präsident der Hells Angels Stuttgart. Diesem Thema hat er sein neuestes Fotoprojekt gewidmet. "Die letzten Krieger. Deutsche Hells Angels im Fokus" heißt der Titel. Lutz hat die harten Jungs in sein Fotostudio geladen, dort mussten sie für die Porträtaufnahmen still stehen. Die Hells Angels polarisieren und so sind Lutz' Bilder auch ein gewolltes Spiel mit Klischees. Im Rotlichtviertel, im Tatoostudio oder auf den schweren Maschinen sind ebenfalls Bilder entstanden. Wieviel Wahrheit dahinter steckt, kann jeder für sich selbst entscheiden. Man könnte auch sagen: Mache sich jeder sein eigenes Bild. Das macht Lutz ja auch. Und neue Projekte sind bereits in Planung.