In Horb zeigt der Fotograf Christian Herrmann Bilder einer untergegangenen jüdischen Kultur Osteuropas.

Familie/Bildung/Soziales: Lisa Welzhofer (wel)

Stuttgart - Grabsteine, die vor Plattenbauten im sandigen Boden versinken; eine ehemalige Synagoge, in der heute gerungen und geturnt wird; ein weites Feld, auf dem einst ein ganzes jüdisches Dorf stand – die Fotografien von Christian Herrmann erzählen gleichzeitig von Vergangenheit und Gegenwart. Von der nachhaltigen Vernichtung jüdischen Lebens während des Holocausts ebenso wie vom Leben im Kalten Krieg und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

 

Viele Gebäude wurden abgerissen, umgebaut oder neu genutzt

Seit den Neunzigerjahren fährt Herrmann durch Osteuropa, „nagt sich langsam durch“, wie er das nennt, durch das Gebiet, in dem vor dem Zweiten Weltkrieg Juden lebten: unter anderem in den baltischen Staaten, in der Ukraine, Polen, Weißrussland, Moldawien. „Vanished World“ (verschwundene Welt) nennt er seinen Blog, auf dem er von diesen Reisen in Fotografien und Texten erzählt. Nur selten werden die Synagogen und Friedhöfe erhalten, Gedenkstätten eingerichtet. Viele Gebäude wurden abgerissen, umgebaut oder neu genutzt. Aber manchmal trifft Herrmann auch auf alte Bewohner, die sich erinnern und ihn zu weiteren Orten führen. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle Spuren verschwunden sein werden“, sagt der Fotograf. Auf seinen Bildern zumindest werden sie überleben.