Es wird noch bis 2021, bevor die neuen Netze nutzbar sind – erst einmal in den Städten. Erste 5G-fähige Endgeräte gibt es schon im Angebot.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Nach der milliardenschweren Versteigerung der 5G-Frequenzen in Deutschland dringt die Wirtschaft auf einen zügigen Netzausbau, damit der neue ultraschnelle Mobilfunkstandard genutzt werden kann. Die 5G-Auktion war am Mittwoch zu Ende gegangen. Den Zuschlag bekamen drei bisherige Mobilfunkanbieter, die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica sowie der Neueinsteiger Drillisch, der bisher kein eigenes Netz hatte, sondern die Infrastruktur der anderen drei Anbieter genutzt hat. Alle nun ersteigerten Frequenzlizenzen haben eine Laufzeit bis 2040. Wie geht es in den nächsten Jahren weiter? Ein Überblick.

 

Welche neuen Angebote wird es geben?

Im privaten Bereich können smarte Geräte besser vernetzt werden; hochauflösende Filme und Videospiele werden auch mobil ruckelfrei übertragen; neue Angebote aus dem Bereich der virtuellen Realität werden möglich. Fast noch wichtiger ist das neue System für die Wirtschaft. „Viele Dienste werden schwerpunktmäßig auf Anforderungen der Industrie ausgelegt sein“, sagt die Deutsche Telekom. Millionen von Sensoren können nun nämlich miteinander verbunden werden. Das neue Netz wird deshalb eine noch intensivere Vernetzung von Maschinen erlauben. Die Telemedizin und das autonome Fahren werden einfacher. Es wird deshalb auch Firmen außerhalb des Mobilfunkbereichs geben, die für ihre Bedürfnisse eigene Netze aufbauen wollen. Die deutschen Industrieverbände haben sich bereits zu Wort gemeldet und gemahnt, nicht nur die Interessen der Mobilfunkbetreiber bei der lokalen Frequenzvergabe zu berücksichtigen.

Wann haben die Verbraucher etwas davon?

Nicht vor 2021, weil die Nutzungsrechte der zu versteigernden Frequenzen meist erst ab dem genannten Jahr gelten. Die ersten 5G-fähigen Smartphones kommen aktuell auf den Markt. Aber erst mit dem Freischalten der Netze bringen sie etwas. Der Aufbau wird zuerst in den Städten erfolgen. In der Fläche sind ja in Deutschland noch nicht einmal die früheren Mobilstandards überall verfügbar. Auch nach dem Aufbau des 5G-Netzes wird man in ländlichen Regionen weiter die bisherigen Netze nutzen. Im Rahmen der Auktion wurde eine Abdeckung von 98 Prozent der Haushalte mit einer Geschwindigkeit von 100 MBit/s vorgeschrieben – doch das ist nur ein Hundertstel des bei 5G prinzipiell möglichen Potenzials und auch mit älteren Mobilstandards zu erreichen. Es kommt am Ende jedoch nicht nur auf den Ausbau der Infrastruktur und das geeignete Endgerät an, sondern auch darauf, ob entsprechende Dienste angeboten werden.

Ist das Ergebnis nun gut oder schlecht für den Netzausbau?

Das hängt von der Perspektive ab: Das Geld, das der Staat nun einnimmt, haben die Telekom-Anbieter nicht mehr für Investitionen zur Verfügung. Der Staat hat zwar Rahmenbedingungen für einen Mindestnetzausbau vorgegeben, aber diese schöpfen das technische Potenzial bei Weitem nicht aus. Die Anbieter werden sich deshalb verstärkt auf lukrative Anwendungen und eher auf Innenstädte konzentrieren. Sie hatten im Vorfeld der Auktion die Rahmenbedingungen auch bereits kritisiert. Andererseits zeigt der harte Bieterwettbewerb und die Tatsache, dass mit Drillisch ein zusätzlicher Netzbetreiber auf den Markt drängt, dass sich die Telekomfirmen ökonomisch viel versprechen. Der Staat hat zudem versichert, seinerseits das eingenommene Geld in den Breitbandausbau zu stecken. 5G bedeutet das aber nicht. Die jetzt kassierten 6,5 Milliarden Euro werden auch beileibe nicht reichen, um etwa vorhandene Defizite im ländlichen Raum auszugleichen.

Warum darf der Staat überhaupt für Frequenzen Geld verlangen?

Seit der Erfindung des Radios vor mehr als einem Jahrhundert werden die sogenannten Frequenzbänder vom Staat reguliert. Da deren Kapazität begrenzt ist und sich unterschiedliche Anwendungen potenziell stören können, darf es bei der Nutzung keinen Wildwuchs geben. Bevor die Auktion in Deutschland überhaupt möglich war, musste international festgelegt werden, welche Bereiche prinzipiell infrage kommen. Dem Staat „gehören“ die Frequenzbänder nicht, aber er ist der Türhüter. Im Unterschied zu den USA darf in Deutschland das ersteigerte Frequenzspektrum nicht weiterverkauft werden.

Wie viel Geld ist im Vergleich zu früheren Auktionen eingenommen worden?

Das im Jahr 2000 bei der ersten Auktion für den Standard der dritten Generation (UMTS) erzielte Ergebnis von 50,8 Milliarden Euro liegt in einer anderen Dimension. Im Nachhinein betrachtet hatten sich die Anbieter damals verzockt – und dem Staat entgingen wegen der Abschreibung der Auktionskosten am Ende Steuereinnahmen. Die in der bisher längsten Auktion eingenommenen 6,5 Milliarden Euro sind allerdings mehr als erwartet und auch mehr als die 5,1 Milliarden, die bei der Mobilfunkauktion 2014 erzielt wurden.

Wo steht Deutschland international?

Südkorea, die Schweiz und einzelne Städte in den Vereinigten Staaten haben erste Netze bereits in Betrieb genommen. In Europa liegen Finnland und Spanien vor den Deutschen. Die Bundesrepublik ist bei der Umsetzung im Mittelfeld, aber immerhin vor Frankreich.

Was ist mit der Strahlenbelastung? In der Schweiz ist die Debatte bereits in vollem Gange. Dort hat das Parlament im vergangenen Jahr einen höheren Grenzwert abgelehnt. Eine solche Diskussion ist allerdings bei jeder technologischen Weiterentwicklung des Mobilfunks geführt worden. Es gibt bisher keine Studie, welche definitiv eine Gesundheitsgefahr nachweist, die von den so entstehenden elektromagnetischen Feldern ausgehen könnte. Allerdings läuft 5G auf anderen, deutlich höheren Frequenzen und braucht viel mehr Sendestationen, so dass eine neue Bewertung notwendig sein könnte.