Sieben Wochen vor der Präsidentschaftswahl steigt die Nervosität bei Frankreichs Konservativen. Wegen der Scheinbeschäftigungsaffäre ist Kandidat Fillon zunehmend isoliert. Rufe nach einem Rücktritt sind lauter geworden.

Paris - Krisenstimmung bei Frankreichs Konservativen: In der Scheinbeschäftigungsaffäre um Präsidentschaftskandidat François Fillon sind die Rufe nach einem Rücktritt lauter geworden. Der frühere Premierminister Alain Juppé ließ am Freitag erkennen, dass er als Ersatzkandidat bereitstünde - und erhöhte damit den Druck weiter. Fillons Kampagnen-Sprecher Thierry Solère verkündete auf Twitter seinen Rücktritt, Medien sprachen von einem „Aderlass“ bei den Unterstützern Fillons.

 

Nach Zählung der linksliberalen Zeitung „Libération“ distanzierten sich bis Freitagabend bereits mehr als 100 Politiker der konservativen Republikaner und ihrer Verbündeten von Fillon. Dessen Wahlkampf wird seit Wochen vom Verdacht belastet, er habe seiner Frau eine lukrative Scheinbeschäftigung auf Parlamentskosten verschafft. Auch in Umfragen war er abgerutscht und käme nach den derzeitigen Prognosen nicht in die entscheidende Stichwahl.

„Wenn er trotz allem weiter macht, (...) sind wir in einer Sackgasse“, warnte die Europaabgeordnete Nadine Morano im Sender Franceinfo. Die erste Runde der Präsidentschaftswahl steht am 23. April an. Wegen der hohen Umfragewerte der Rechtspopulistin Marine Le Pen erregt der Wahlkampf auch international großes Interesse.

Lagerkämpfe könnten wieder aufbrechen

Mehrere Politiker aus den eigenen Reihen brachten den 71-Jährigen Juppé als Ersatz ins Spiel. Der Bürgermeister von Bordeaux werde nicht kneifen, falls sich Fillon zurückziehe und er die einhellige Unterstützung seiner Partei bekomme, berichtete die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Juppés Umfeld. Allerdings ist unklar, ob die Republikaner-Partei sich hinter Juppé versammeln könnte, oder ob dann alte Lagerkämpfe wieder aufbrechen würden.

Einer Umfrage zufolge könnte eine Kandidatur Juppés die Dynamik des Wahlkampfs zugunsten der Konservativen verändern. Fillon lag zuletzt in Umfragen für den ersten Wahlgang auf Platz drei hinter Le Pen und dem früheren Wirtschaftsminister Emmanuel Macron, der unabhängig von den traditionellen Parteien antritt. Nach einer Erhebung des Instituts Odoxa würde Juppé sich dagegen an die Spitze setzen, knapp vor Macron und Le Pen.

Fillon war im November bei einer Vorwahl der bürgerlichen Rechten mit großem Vorsprung zum Kandidaten gekürt worden. Juppé hatte sich ebenfalls beworben, aber den Kürzeren gezogen. Fillons Lager hatte daher stets argumentiert, dass nur er als Kandidat legitimiert ist. Seine Anhänger sind für Sonntag zu einer Demonstration in Paris aufgerufen, um ihre Unterstützung zu bekunden.

Verdacht der Hinterziehung

Die Frau von François Fillon war jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin für ihren Mann angestellt, er beschäftigte zeitweise auch zwei seiner Kinder. Die Justiz ermittelt wegen des Verdachts der Hinterziehung öffentlicher Mittel. Am Donnerstag gab es deshalb eine Durchsuchung in Fillons Pariser Privatadresse. Für den 15. März ist Fillon bei Ermittlungsrichtern vorgeladen, dabei droht ihm die Eröffnung eines Verfahrens. Trotzdem hatte der Kandidat, der an diesem Samstag 63 Jahre alt wird, am Mittwoch angekündigt, sich nicht zurückzuziehen. Er sprach von einer „politischen Ermordung“.

„Er kann nicht mehr Kandidat sein, weil er keinen inhaltlichen Wahlkampf mehr führen kann“, sagte der frühere Premierminister Dominique de Villepin im Sender Europe1. Fillons enger Verbündeter Bruno Retailleau, Fraktionschef der Republikaner im Senat, verteidigte den Kandidaten dagegen. „Es gibt keinen Plan B, das will ich meinen Freunden sagen“, betonte er.

Um antreten zu können, müssen Kandidaten bis zum 17. März mindestens 500 Patenschaften aus dem Kreis bestimmter Volksvertreter sammeln. Der Abgeordnete Georges Fenech hat bereits dazu aufgerufen, dabei Alain Juppé zu unterstützen.