Amerikaner auf Europareise müssen in Frankreich den Eiffelturm gesehen haben. Aber noch mehr schwärmen sie für die Lavendelfelder im Süden des Landes.

Forcalquier - Die Kavaliersreise führte die Adligen der Vergangenheit nach Paris, Nizza und in die Provence. Wenn sich heute wohlhabende Amerikaner auf eine Tour de France begeben, sind die Stationen ähnlich: erst eine Woche Paris, dann vier Nächte in der Region der Lavendelfelder und zum Schluss noch ein Abstecher an die Côte d’Azur. Das ist jedenfalls der Ablauf, den die meisten Gäste aus Übersee geplant haben, die bei Peter Chittick übernachten. Er ist einer der Besitzer des Hoteldorfs Crillon-le-Brave im Herzen der Provence. Chittick ist Kanadier. Er hat sich als passionierter Radfahrer und Tourguide vor 25 Jahren in die Gegend verliebt.

 

Und ein dem Verfall preisgegebenes Dorf in ein Hotel verwandelt. Die Gassen sind heute die Flure zwischen den Zimmern und Suiten. Das Hotel sieht immer noch aus wie ein Dorf. Nur sind nun manche Tore geschlossen, an den ehemaligen Wohnhäusern stehen keine Hausnummern, sondern die Namen der Zimmer. „Die Grand Tour der Amerikaner ist heute eine Bildungsreise in Sachen Lebensart und Genuss“, erklärt der Hotelier. Seine amerikanischen und auch die anderen Gäste besuchen die großen Weingüter in der Umgebung und besorgen sich flüssige Souvenirs bei Châteauneuf du Pape. Die Sportlichen unter ihnen versuchen sich am Berg der Tränen - der Mont Ventoux, die Königsetappe der Tour de France, ist in Sichtweite des Hotels - und entspannen sich ansonsten im Pool oder jagen am Abend bei einem Glas Pastis dem Schweinchen beim Boulespielen hinterher.

„Ich habe alle Fehler selbst gemacht“

Vor 10 Uhr ist der Frühstückssalon noch gähnend leer. Erst danach wird es voller. Nur laut wird es nie. Die meisten der Croissant-Esser schauen beim Frühstück auf ihr iPad. Nur ein Franzose schimpft mit seiner Tochter, die partout ihren Teller nicht leeren will. Das alte Europa steht auf der Reiseliste der wohlhabenden Amerikaner weit oben. Die Toskana, Rom, Florenz und eben auch die Provence. Nur finden sich Touristen aus Übersee nicht immer im französischen Alltag zurecht. Wundern sich, dass die Läden mittags geschlossen haben und am Sonntag gar nicht öffnen. Sind erbost darüber, dass vor 19 Uhr kein Restaurant öffnet, dass die Mietautos keine Automatikschaltung haben und die Franzosen fahren wie die Henker. Julie Mautner kennt die Fallstricke: „Ich habe alle Fehler selbst gemacht“, sagt sie und lacht.

Die Mittfünfzigerin lebt seit 15 Jahren abwechselnd in New York und in der Provence. Sie schreibt für Magazine, betreibt einen Reiseblog und berät Touristen. Für manche plant sie die Reise durch, von der Hotelbuchung bis zum Besuch von Erzeugern und Trödelmärkten. Sie sagt ihnen, in welchem Dorf man wo am besten parken kann, und klärt auf, dass in Frankreich der Pass als Ausweisdokument wichtiger ist als der Führerschein. Julie Mautner kennt die besten Restaurants, bucht für ihre Kunden Kochkurse und rät ihnen vor allem, nicht jede Stunde zu verplanen. „Manchmal werde ich müde vom Lesen, wenn mir die Kunden mailen, was sie alles sehen möchten. Amerikaner wollen alles erleben, was Geschichte hat. In möglichst kurzer Zeit.“ Die Sprache ist dabei längst kein Problem mehr. Mautners Kunden sind nicht nur wohlhabend, sondern auch gebildet, die Hälfte spricht sowieso Französisch. Martha Mason ist so eine Französisch sprechende Amerikanerin. Sie hat als junge Frau ein Jahr in Paris verbracht, jetzt lebt sie in Boston, besitzt mit ihrem Mann zusammen ein Haus in Forcalquier und verbringt dort mindestens vier Wochen im Jahr. Forcalquier, das ist eine lebendige kleine Provinzstadt bei Aix-en-Provence. Als Amerikanerin ist Martha dort keine Exotin, im Gegenteil.

Da gibt es noch Tim und Tom, die für englischsprachige Zweitwohnungsbesitzer die französischen Handwerker für den Umbau organisieren. Zwei amerikanische Landsleute betreiben in der Stadt mit knapp 5000 Einwohnern ein Restaurant. Was macht diese Gegend so attraktiv? „Käse. Wein. Das Essen schmeckt viel besser als in Amerika“, ist Marthas spontane Antwort. Genauso mag sie auch den Lebensstil: „Die Leute sind stolz auf das, was sie tun, auf ihr Handwerk, ihr Gewerbe. Und sie sind nicht so verplant: Hier kann man sich auch spontan verabreden.“

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Infos zur Provence

Tipps für die Provence
Blog: Julie Mautner gibt auf ihrem englisch- sprachigen Blog http://theprovencepost.blogspot.de Tipps für die Provence. Es geht dabei um empfehlenswerte Restaurants und Hotels, um Weihnachtsmärkte, Ausstellungen und Kulturveranstaltungen.

Unterkunft
Im Hotel Crillon-le-Brave gibt es im November ein Paket mit Trüffelsuche, Weinprobe und Kochkurs zu buchen. Drei Nächte im DZ mit Halbpension kosten 1220 Euro für zwei Personen. www.crillonlebrave.com

Andere Unterkünfte vermittelt das Office de tourisme in Bédoin: www.bedoin.org

Ausflüge
Forcalquier: Die Steinterrassen „Les Mours“ mit bizarren Felsformationen sind vom mittelalterlichen Zentrum aus in einer halben Stunde zu erwandern. www.haute-provence-tourisme.com