Die Affäre um eine angebliche Liebesaffäre kommt für Frankreichs Präsidenten Hollande zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Eigentlich wollte der Sozialist zu Jahresbeginn mit wegweisenden Reformvorhaben von sich Reden machen. Jetzt wird vor allem über Amouren diskutiert.

Die Affäre um eine angebliche Liebesaffäre kommt für Frankreichs Präsidenten Hollande zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Eigentlich wollte der Sozialist zu Jahresbeginn mit wegweisenden Reformvorhaben von sich Reden machen. Jetzt wird vor allem über Amouren diskutiert.

 

Paris - Die öffentliche Aufregung um eine mutmaßliche Liebesaffäre mit einer Schauspielerin hat Frankreichs Präsidenten François Hollande gehörig den Start ins neue Jahr verhagelt. Eigentlich wollte der Sozialist an diesem Dienstag vor Hunderten Journalisten aus aller Welt die bislang vielleicht bedeutendsten Reformvorhaben seiner Amtszeit erklären. Heikle Fragen zur Zukunft seiner bisherigen Lebenspartnerin im Élysée-Palast überschatten allerdings die als Neustart geplante Pressekonferenz. Ja, man durchlebe derzeit „schmerzhafte Momente“, räumte Hollande öffentlich ein. Er werde die Situation vor seinem Staatsbesuch in den USA am 11. Februar klären.

Dabei hatte das Jahr 2014 für den linken Präsidenten so gut begonnen. Ökonomen und selbst konservative Medien lobten die jüngsten wirtschaftspolitischen Ankündigungen des 59-Jährigen. Die seit Monaten desaströs schlechten Umfragewerte verbesserten sich. „2014 wird das Jahr großer Entscheidungen sein“, hatte Hollande in seiner Neujahrsansprache versprochen. Er wolle die öffentlichen Ausgaben reduzieren, um in absehbarer Zeit die Steuern senken zu können.

Am Freitag kam dann aber das Klatschmagazin „Closer“. Ausgerechnet kurz vor der Präsidentenpressekonferenz präsentierte das Blatt auf sieben Seiten angebliche Beweise für eine Affäre des Staatschefs mit der 41 Jahre alten Schauspielerin Julie Gayet.

„Unser Job ist es, Liebesgeschichten zu erzählen“, kommentierte Redaktionschefin Laurence Pieau trocken auf Fragen nach einer Verletzung der Privatsphäre. Zudem würden die Besuche Hollandes bei Gayet Fragen über dessen Umgang mit der Sicherheit aufwerfen. Laut „Closer“ ließ sich der Lenker der drittgrößten Atommacht der Welt beispielsweise mit einem Motorroller zu seiner Geliebten fahren.

Verschärft wurde die Aufregung durch die Meldung, dass Hollandes offizielle Lebensgefährtin Valérie Trierweiler kurz nach den pikanten Veröffentlichungen in ein Krankenhaus gebracht wurde. „Sie muss nach dem Schock, den sie erlitten hat, wieder Kräfte sammeln“, hieß es am Montag aus dem Umfeld der First Lady im Präsidentenpalast.

Zu all diesen Punkten äußerte sich Hollande bei der mehr als zweieinhalbstündigen Pressekonferenz nur ganz knapp. Seine Sicherheit sei „immer und überall“ gewährleistet, erklärte der Staatschef mit gewohnt souveränem und staatsmännischem Auftreten. Trierweiler „erhole sich“ derzeit.

Aufregung um Privatleben könnte nicht ungelegener kommen

Für Hollande könnte die Aufregung um sein Privatleben nicht ungelegener kommen. Frankreich hinkt bei der wirtschaftlichen Entwicklung Ländern wie Deutschland meilenweit hinterher; das Versprechen einer Trendwende bei den besorgniserregend hohen Arbeitslosenzahlen konnte er bislang nicht einlösen.

Als Befreiungsschlag rief er deswegen zum Jahreswechsel zu einem „Pakt der Verantwortung“ auf und ging wie nie zuvor auf die Wirtschaft zu. „Niedrigere Arbeitskosten, weniger Auflagen und im Gegenzug mehr Einstellungen und mehr sozialer Dialog“ - lautet die in der Neujahrsansprache skizzierte Leitlinie, die er bei der Pressekonferenz am Dienstag präzisierte. Bis 2017 sollen so unter anderem für Unternehmen die Beiträge zur Familienkasse wegfallen.

Die Unternehmer seien offensichtlich „die neue Liebe des Präsidenten“, hatte das konservative Blatt „Le Figaro“ bereits in der vergangenen Woche erstaunt kommentiert und auf Hollandes frühere Attacken gegen die Finanzwelt verwiesen. Der „Closer“-Artikel war da noch nicht erschienen.

Völlig baff sind viele Kommentatoren auch darüber, wie deutlich Hollande seit Jahresbeginn zu einer tiefgreifenden Reform des Staatsapparats aufruft. „Zu schwerfällig, zu langsam und zu teuer“, lautet die Diagnose des Präsidenten, der nun zwischen 2015 und 2017 „mindestens 50 Milliarden Euro“ zusätzlich einsparen will.

„Zwischen dem konservativen Sozialliberalismus von Tony Blair (Großbritannien) und dem progressiven Sozialliberalismus von José Luis Rodríguez Zapatero (Spanien) positioniert sich Hollande in der Mitte, ein bisschen wie Gerhard Schröder“, analysierte der Politikwissenschaftler Laurent Bouvet in der Zeitung „Le Monde“.

Wirtschaftsfachleute hatten Hollande seit Monaten aufgefordert, sich ein Beispiel am früheren deutschen SPD-Bundeskanzler zu nehmen und den Arbeitsmarkt tiefgreifend zu reformieren. „Der Staatschef hat klare Zeichen gegeben“, lobte der Chef des Autobauers PSA Peugeot Citroën, Philippe Varin. Um Frankreichs Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen, sei es unumgänglich, die Abgabenlast zu senken.

Beruhigen kann den Präsidenten vorerst, dass eine große Mehrheit der Franzosen die Affäre bislang als reine Privatangelegenheit betrachtet. 84 Prozent gaben in einer repräsentativen Telefonumfrage an, die Enthüllungen hätten keinen Einfluss auf ihr Bild von Hollande.

Die Opposition arbeitet allerdings daran, dass sich das ändert. „Wer ist die Première Dame Frankreichs? Ist es normal, dass Valérie Trierweiler auf Kosten des Steuerzahlers im Élysée-Palast bleibt, während der Präsident andere Beziehungen hat?“, fragte der UMP-Abgeordnete Daniel Fasquelle. Und selbst die linksliberale Tageszeitung „Libération“ verwies darauf, dass Hollande Trierweiler im Élysée-Palast unter anderem einen Berater, zwei Sekretäre und einen Chauffeur zur Verfügung gestellt habe.

Immer häufiger wird Hollande zudem damit konfrontiert, dass er im Wahlkampf den Eindruck erweckt hatte, Amt und Privatleben klar trennen zu können. Der Sozialist, der mit der Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal vier Kinder hat, wollte sich damit von seinem Vorgänger Nicolas Sarkozy (58) abheben. Der Konservative hatte sich 2008 vor Hunderten Journalisten zu der Beziehung zu dem früheren Topmodel Carla Bruni bekannt. „Es ist etwas Ernstes“, antwortete Sarkozy damals auf eine Reporterfrage.