Der Besuch von Papst franziskus in Kolumbien ist umstritten. Der Riss geht quer durch die Bevölkerung. Auch ultrakonservative Kreise der katholischen Kirche lehnen die Visite ab.

Korrespondenten: Klaus Ehringfeld (ehr)

Bogotá - Die katholische Kirche Kolumbiens hat sich alle Mühe gegeben, dem Besuch von Papst Franziskus den politischen Gehalt zu nehmen. Die Visite sei eine Pastoralreise wie jede andere auch, betonte Kardinal Rubén Salazar, Erzbischof von Bogotá im Vorfeld. Aber kaum war der Papst am Mittwochnachmittag in Bogotá gelandet, wurde er schon von der kolumbianischen Politik und dem alles dominierenden Thema Friedensprozess eingenommen.

 

Am Rollfeld erwartete ihn der 13 Jahre alte Emmanuel Rojas und überreichte Franziskus eine stilisierte Friedenstaube. Rojas ist „ein Kind des Krieges“, wie Präsident Juan Manuel Santos später sagte. Er ist der Sohn der Politikerin Clara Rojas, die 2002 gemeinsam mit der Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt von den FARC-Rebellen entführt wurde. Der Junge wurde in Gefangenschaft im kolumbianischen Dschungel geboren, der Vater ist ein Guerillero. Die Rebellen nahmen Emmanuel seiner Mutter weg, gaben ihn in Obhut. Er kam erst nach der Befreiung von Rojas und Betancourt Anfang 2008 zu seiner Mutter zurück.

Der Junge repräsentiere die Veränderungen in Kolumbien, betonte Santos. „Er ist im Krieg geboren, hat aber jetzt alle Möglichkeiten, in Frieden aufzuwachsen.“ Das sei die Botschaft die der Pontifex auch mit nach Kolumbien gebracht habe. Er wolle den Aufbau einer Friedensgesellschaft nach einem halben Jahrhundert Bürgerkrieg zwischen linken Guerilleros, dem Staat und ultrarechten Paramilitärs unterstützen, sagte Santos.

Ultrakonservative gegen die Visite

Der Präsident musste Franziskus gleich von Anfang an vereinnahmen, denn sein Land ist nicht nur zerrissen über den Friedensprozess, sondern auch über die Visite des Papstes. Ultra-konservative Kreise der katholischen Kirche und die politische Rechtsaußen-Opposition polemisieren gegen den Besuch. Vor allem Ex-Präsident Álvaro Uribe, Vorgänger und inzwischen Intimfeind von Santos, hat den Papst in einem offenen Brief vor dessen Ankunft wissen lassen, dass er die „Straflosigkeit von schweren Verbrechen gutheiße“, wenn er die Friedensprozess unterstütze.

Uribe gibt all jenen Kolumbianern eine Stimme, die knapp die Hälfte der Gesellschaft ausmachen und die ehemaligen Rebellen nicht für soziale Aktivisten, sondern für Entführer, Drogenhändler und Verbrecher halten. Ihnen ist der Friedensprozess suspekt.

Papst ruft zur Versöhnung aller Kolumbianer auf

Auf seiner fünftägigen Reise durch das zerrissene Kolumbien wird der argentinische Papst zur Versöhnung aller Kolumbianer aufrufen und auch die rund 24 Millionen Menschen zu erreichen versuchen, die einen solchen Frieden nicht wollen. „Begegnet Euch als Brüder und nicht als Feinde“, sagte er in einer Grußbotschaft an die Kolumbianer vor Beginn der Reise. Die Menschen sollten sich nicht die „Freude und Hoffnung rauben lassen“, forderte Franziskus nach seiner Ankunft.

Nach Einschätzung von Experten stehen die Chancen nicht so schlecht, dass der Papst auf seiner Mission in dem südamerikanischen Land Erfolg hat. „Die Kirche ist die einzige Institution, der alle Seiten in Kolumbien vertrauen“, sagt zum Beispiel Pater Michael Heinz, Hauptgeschäftsführer des bischöflichen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat in Essen.

Gespräch mit Bischöfen aus Venezuela

Wie politisch die Reise des Pontifex ist, wurde schon während seines Flugs von Rom nach Bogotá deutlich. Als die Maschine Venezuela überflog, schickte der Pontifex ein Gebet an das Land, in dem seit Monaten ein dramatischer Konflikt zwischen der linksautoritären Regierung und der Opposition tobt. „Möge sich ein Dialog ergeben, der dem Land eine gute Stabilität gebe“, sagte Franziskus. Anschließend wurde bekannt, dass Franziskus– außerhalb der geplanten Agenda – am Donnerstag fünf venezolanische Bischöfe empfängt. Die Bischofskonferenz des Krisenstaates hatte den Papst seit Monaten um ein Treffen gebeten. Die katholische Kirche in Venezuela steht fast geschlossen auf Seiten der Opposition und hat sich dazu auch bekannt. Aber der Vatikan äußerte sich bisher sehr zögerlich nur zu dem Thema, was die Bischöfe des Landes irritiert.