Ida Barth hat bei der BMW-Niederlassung Stuttgart gelernt. Von 604 Prüflingen in der Region zum Kfz-Mechatroniker ging die 24-jährige Fellbacherin als Kammersiegerin hervor. Wie hat sie das geschafft?

Fellbach - Die meisten Arbeitgeber haben es längst erkannt: Frauen müssen sich auch in angeblichen Männerdomänen keineswegs hinter den Herren der Schöpfung verstecken, wenn es um die individuelle Leistung geht. Betrachtet man indes die Zahlen, dann ist die Ausbildung etwa zum Kfz-Mechatroniker tatsächlich noch eine Männerdomäne. 604 Prüflinge aus der Region Stuttgart haben in diesem Jahr an der Prüfung zum Kfz-Mechatroniker teilgenommen. Darunter waren 588 Männer – und 16 Frauen. Von allen Teilnehmern war gleichwohl eine Frau die Beste: Ida Barth aus Fellbach.

 

Insbesondere in der Praxis glänzte die Abiturientin des Fellbacher Friedrich-Schiller-Gymnasiums, die aber bekennt: „Am Anfang waren mir Autos etwas suspekt.“ Dazu muss man wissen, dass die 24-Jährige in ihrem Beruf auf Motorräder spezialisiert ist und diese Leidenschaft an ihrem Arbeitsplatz, der BMW-Niederlassung Stuttgart, dank des dortigen Motorradzentrums auch voll ausleben kann. Auf den bestandenen Zweiradführerschein folgte bei Ida Barth ein Fahrsicherheitstraining und ein Endurotraining für Fahrten im Gelände. „Das hat mir richtig Spaß gemacht“, sagt sie. Da sie ohnehin einen handwerklichen Beruf ergreifen wollte, war der Weg zur Kfz-Mechatronikerin fast schon programmiert, denn reine Motorrad-Mechatronikerinnen gibt es nicht.

In Großmutters Garage wird gebastelt

Familiär oder in anderer Weise fachlich vorbelastet war Ida Barth nicht, obwohl ihre Eltern früher selbst Motorrad gefahren sind. „Ich habe mit null Wissen angefangen“, bekennt sie bescheiden. Die Faszination für spurtstarke Zweiräder und insbesondere für das Ineinandergreifen der einzelnen technischen Komponenten „hat mich schon sehr fasziniert“. Längst ist Ida Barth auch privat zur Schrauberin geworden: In der Garage ihrer Großmutter hat sie sich eine kleine Werkstatt eingerichtet. Dort kümmert sie sich um zwei eigene Motorräder, eine Enduro vom Typ BMW F 650 GS sowie die nach dem höchsten Berg des spanischen Festlands benannte Derbi Mulhacén 659.

In ihrem Beruf ist Ida Barth schnell angekommen: „Ich wurde eigentlich von Anfang an akzeptiert.“ Dazu mag ihre unkomplizierte Art ebenso beigetragen haben wie die Tatsache, das sie schon länger eine Teamspielerin ist. In der Fußballabteilung des TV Oeffingen ackert sie als Linksaußen in der Bezirksliga und stand mit ihrer Mannschaft in der vergangenen Saison sogar im Pokalfinale.

Auch an anderer Stelle hatte Ida Barth schon vor dem Ausbildungsstart umfangreichen Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen. Nach den Jahren auf der Schulbank „wollte ich noch etwas anderes sehen“, sie suchte sich als passionierte Skifahrerin einen besonders aussichtsreichen Arbeitsplatz aus. Zwei Winter und einen Sommer lang hat sie in der Gastronomie einer österreichischen Skihütte gearbeitet. Nach zwei weiteren Monaten als Rucksacktouristin in den Vereinigten Staaten startete sie dann motiviert in ihre Ausbildung.

Viel Unterstützung – und viel Fleiß

Die eigene Motivation in Form eines besonderen Interesses für den Beruf nennt die Kammersiegerin denn auch als wichtigsten Grund für ihr herausragendes Abschneiden. Neugierig sollte man ihrer Ansicht nach sein, aber auch ein kollegiales Umfeld mit Unterstützung vom Meister und von den Kollegen habe ihr sehr geholfen. Ohne Fleiß gibt es aber auch von der Handwerkskammer Region Stuttgart keinen Preis. „Ich habe mich schon hingesetzt und gelernt“, sagt Ida Barth.

Dies etwas konsequenter zu tun als mancher männliche Kollege, das könnte ein Erfolgsrezept von jungen Frauen im Handwerk sein. Denn unter den 59 Kammersiegern waren gleich 24 Frauen. Übrigens ist Ida Barth nicht die Einzige, die sich in einer echten Männerdomäne bewährte: Kammersiegerin bei den Dachdecker wurde Jana Görgen aus Ditzingen.

Viele Nachwuchstalente im Handwerk

Von den Auszubildenden des aktuellen Prüfungsjahrgangs hat das Handwerk in der Region 59 Nachwuchstalente besonders geehrt. „Sie verkörpern das, was das Handwerk ausmacht: Leistungsorientierung, hohe Qualität und Teamwork“, sagt Thomas Hoefling von der Handwerkskammer. Die Bandbreite der Berufe reicht von A wie Anlagenmechaniker bis Z wie Zimmerer. Bei den 59 Besten sind 24 Frauen – auch in männerdominierten Berufen. Donna Behnke aus Fellbach ist beste Automobilkauffrau, Nadine Aichele aus Schorndorf beste Fleischerei-Fachverkäuferin, Julian Rupp aus Sulzbach siegte bei den Fleischern. Der aus Bremen stammende Paolo Inticori Käch Castro wurde bei Imke Sperling in Fellbach als bester Goldschmied ausgebildet, Laura Claasen aus Waiblingen ist beste Holzblas-Instrumentebauerin. Imke Renken aus Fellbach ist Kammersiegerin bei den Orthopädieschuhmachern, Lea Seiler aus Althütte die beste Herstellerin von Schildern und Lichtreklame, Hanna Eimert aus Backnang siegte bei der Messerschmiedetechnik. Michael Herzog absolvierte bei Hawa-Isolierteam in Fellbach seine Lehre als bester Isolierer für Wärme, Kälte und Schall.