Der VfL Wolfsburg hat den Bundesliga-Platzhirsch 1. FFC Frankfurt an Erfolgen überholt. Am Sonntag empfängt der Meister aus Niedersachsen nun den Rivalen zum Spitzenspiel.

Wolfsburg - Zur besseren Motivation macht es allemal Sinn, die bunten Bilder von damals noch einmal zu zeigen. Also steigt Ralf Kellermann, der erfolgreiche Allesmacher beim Meister und Spitzenreiter VfL Wolfsburg, ins Archiv, um seine Spielerinnen auf das Spitzenspiel der Frauen-Bundesliga gegen den Verfolger 1. FFC Frankfurt (Sonntag 11.35 Uhr/live NDR und hr-fernsehen) einzustimmen.

 

„In die Spielvorbereitung werde ich so positiv besetzte Szenen sicherlich einbauen“, sagt der 46-Jährige. Könnte ja stimulierend wirken: Erst am Pfingstsonntag dieses Jahres wurde in genau dieser Konstellation die Meisterschaft entschieden – durch ein Last-Minute-Tor von Alexandra Popp im damals ausverkauften Stadion am Elsterweg. Die VfL-Torschützin ist danach „Miss Meisterschaft“ getauft und „Fußballerin des Jahres“ geworden, doch mit der Titelverteidigung hatte sich im Sommer noch etwas anderes manifestiert: die Wachablösung im weiblichen Segment.

Ein Gegemodell zu Frankfurt und Potsdam

„Von der Beständigkeit über einen längeren Zeitraum sind wir noch sehr weit weg vom 1. FFC Frankfurt oder Turbine Potsdam“, erklärt Kellermann zwar, doch eigentlich sprechen fünf nationale und internationale Titel binnen zweier Jahre eine deutliche Sprache. Vor allem dank des einstigen Zweitligatorwarts, der bis 2008 unter Felix Magath die Scouting-Abteilung geleitet hatte und sich dann der Fußballerinnen bei der Konzern-Tochter annahm, ist ein Gegenspieler zu dem vom eigenwilligen Bernd Schröder  befehligten Turbine Potsdam und dem von dem umtriebigen Chefeinkäufer Siegfried Dietrich gemanagten 1. FFC Frankfurt entstanden.

Das auf Nachhaltigkeit angelegte Modell – und dabei ist die Sparte im eigenen Verein sogar Vorbild für die eigenen Männer – gilt als beispielhaft. Kein Kader bietet mehr Klasse, kein Aufgebot mehr Tiefe.   Für Kellermann sind die Liste der Erfolge – wie der zweimalige Gewinn der Women’s Champions League – kein Zufallsprodukt: Er hole Spielerinnen nicht, „nur weil sie   für die Vermarktungsschiene interessant sind, sondern weil sie sportlich und menschlich zu uns passen“.

 Anders als beim Rekordmeister aus Frankfurt, wo für Dietrich der Name oft das wichtigste Kriterium beim Transfer darstellte. Der 57-Jährige beschwert sich über die neuen Machtverhältnisse mitnichten. Im Gegenteil: „Es wäre wünschenswert, wenn sich noch mehr Männervereine so ernsthaft im Frauenfußball engagieren.“

Der einstige Eiskunstlaufpromotor bleibt hierzulande der wohl geschickteste Vermarkter für das Nischenprodukt. Und er hat seit 2013 mit dem bekennenden Laienprediger Colin Bell endlich einen Trainer an seiner Seite, der dem Starensemble aus der Bankenstadt wieder eine Handschrift verpasst hat. Vor dem Spitzenspiel rollt der ehrgeizige Engländer, dessen authentische und impulsive Art bei den Spielerinnen gut ankommt, den Ball lieber zum VfL. „Die Favoritenrolle liegt beim Gegner, aber so groß ist der Qualitätsunterschied nicht“, glaubt der 53-Jährige.

Ein mögliches Wiedersehen im Champions-League-Finale

Frankfurt hat mit der in Topform befindlichen Torjägerin Celia Sasic und Filigrantechnikerin Dzsenifer Marozsan die aktuell wohl besten Individualisten zu bieten. Das bessere Kollektiv aber stellt Wolfsburg. Gut möglich, dass sich das Duell zwischen Tabellenersten und -dritten auch in anderen Wettbewerben noch fortsetzt. Vielleicht im DFB-Pokal, wahrscheinlicher aber in der Königsklasse, wo das Endspiel diesmal am 14. Mai 2015 in Berlin ausgetragen wird.  Keine vier Wochen später beginnt übrigens für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft die WM in Kanada.

Der Frankfurter Coach hat zuletzt  unverhohlen die Überbelastung der Nationalspielerinnen kritisiert. Wolfsburgs Trainer und Sportlicher Leiter legt nun nach: „Darauf weisen wir seit zwei Jahren hin. Die Terminplanung, die Fifa, Uefa und schlussendlich der DFB vorgeben, die wirkt nicht immer abgestimmt.“ Jeder müsse wissen, dass die Kräfte aus Wolfsburg und Frankfurt daher „extrem belastet“ ins Turnier auf Kunstrasen gehen werden. Den WM-Titel hält er gleichwohl trotzdem für möglich. „Ich würde mir als Trainer im Frauenbereich immer diese Zielsetzung geben.“