Mit Sehnsuchtsliedern wie „Junge, komm bald wieder“ war Freddy Quinn einer der größten Unterhaltungsstars im Nachkriegs-Deutschland. Als Persönlichkeit blieb er immer geheimnisvoll. Nun feiert Quinn seinen 90. Geburtstag.

Freddy Quinn wird neunzig

 

Stuttgart - Es geschah Anfang der 1950-er Jahre in einer Hamburger Hafenkneipe. Dort, in der Washington Bar auf St. Pauli, saß ein junger Mann am Tresen, sang zur Gitarre Hillbilly Songs und internationale Folklore. Neben Seeleuten und Damen des horizontalen Gewerbes war auch ein Reporter anwesend - Jürgen Roland, eine spätere Legende des Norddeutschen Rundfunks (1925-2007, „Stahlnetz“). Der verschaffte dem talentierten Sänger seinen ersten TV-Auftritt. Und ein Superstar war geboren: Freddy Quinn. So nannte sich der Jüngling mit der Sehnsucht in der kraftvollen Bariton-Stimme. Und er stieg schnell zu einem der größten Unterhaltungskünstler im Nachkriegs-Westdeutschland auf.

Mehr als sechzig Millionen verkaufte Tonträger

„Heimweh“, „Brennend heißer Wüstensand“, „Junge, komm bald wieder“ oder auch „Die Gitarre und das Meer“ hießen die wehmutbeladenen Schlager, mit denen der stets adrett auftretende „Freddy“ die mit dem Wiederaufbau ihres Landes beschäftigten Deutschen mitten ins Herz traf. Mehr als sechzig Millionen Tonträger verkaufte er bis zur Jahrtausendwende. Er erhielt mehr als ein Dutzend Goldene Schallplatten und wurde 1984 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Zeitweise hieß er Manfred von Petz

Nun wird der Entertainer, der auch als Zirkusartist und Schauspieler Furore machte, 90 Jahre alt. Am 27. September darf er runden Geburtstag feiern. Ob er das in Hamburg tut oder anderswo, ist jedoch unbekannt – denn Quinn hat sich seit längerem aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Tatsächlich ist der Vorzeige-Seemann, von Geburt nicht etwa Hamburger, sondern Österreicher, zeitlebens eine geheimnisumwitterte Person gewesen. Von seiner Biografie existieren gleich mehrere Versionen. Als Manfred Franz Eugen Helmuth Nidl kam er am 27. September 1931 zur Welt. Sein Vater war laut Quinn ein Kaufmann irischer Abstammung, der wohl bereits 1943 in den USA, wo sein Sohn ihn nach Kriegsende suchte, gestorben war. Auch gab es einen Stiefvater, eine Zeit lang hieß er Manfred von Petz. Später durfte er seinen Namen offiziell in Quinn ändern.

2008 starb seine Frau

Mit seinem Liebesleben hielt sich der Frauenschwarm ebenfalls bedeckt. So starb 2008 mit 89 Jahren Lilly Blessmann, die er jahrzehntelang als seine Managerin bezeichnet hatte. Die Ehe der beiden war erst 2004 durch einen Gerichtsprozess bekannt geworden, als sich Quinn mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung auseinanderzusetzen hatte – dabei das Delikt gestand und seine Schulden beglich. „Sie war mein guter Stern“, sagte Freddy über Lilly. Inzwischen ist der unvergessene Show-Man mit seiner fast 30 Jahre jüngeren Partnerin Rosi glücklich, wie er 2019 in einem seiner raren Interviews der „Bild“ sagte. 2006 hatte Quinn zu Medienprotokoll gegeben: „Es hat mich fast amüsiert, wenn Leute verbreitet haben, ich sei schwul.“

Auch zu seinem Beruf hat die Show-Größe distanzierte Ansichten formuliert. „Ich bin Dienstleister und richte mich danach, was die Leute von mir verlangen“, resümierte er einmal. Ärger bekam Quinn allerdings 1966, als er sich mit dem Song „Wir“ gegen die damals aufkommende Jugend-Protestbewegung samt ihren Hippies und „Gammlern“ richtete.

Im Kino kam er groß heraus

Quinn trat in seiner Sängerkarriere mit Weltstars wie Johnny Cash und Nana Mouskouri auf. Nur um Haaresbreite verpasste er den internationalen Erfolg, denn den Al-Martino-Titel „Spanish Eyes“ hatte der Komponist Bert Kaempfert ursprünglich Quinn zugedacht. Daheim kam er auch im Kino groß heraus: „Die große Chance“ war 1957 Titel eines Musikfilms, in dem er einen Studenten in Heidelberg darstellte, der sich mit seiner Band ein Zubrot verdient. Der Auftakt zu 13 Freddy-Filmen bis 1971.

Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) würdigt Quinn kurz vor dessen 90. Geburtstag als Legende, deren Karriere ihresgleichen suche. „In jungen Jahren vom Schicksal und dem Lauf der Geschichte schwer durchgeschüttelt, wurde er in den 50er-Jahren in Hamburg entdeckt. In der Hansestadt fühlte er sich immer besonders wohl und ist seit vielen Jahrzehnten hier zu Hause“, sagte Brosda der Deutschen Presse-Agentur.

In jungen Jahren mit einem Wanderzirkus unterwegs

Als Theaterdarsteller bejubelten ihn seine Fans unter anderem bei mehr als 600 Vorstellungen des Musicals „Heimweh nach St. Pauli“ auf bundesdeutschen Bühnen. Quinns ganz besondere Liebe scheint der Artistik zu gehören, wie er sie im Fernsehen in Sendungen wie „Stars in der Manege“ vorführte. Seine Fähigkeiten auf dem Hochseil und als Dompteur hatte er erlernt, als er sich in sehr jungen Jahren einem Wanderzirkus anschloss. „Die Zeit beim Zirkus war die wichtigste Lehre in meinem Leben überhaupt“, erinnerte sich Quinn an diese Anfänge.