Thrillerlegende Frederick Forsyth hat mit „Der Fuchs“ ein neues Buch vorgelegt – ein Flop. Mit Klassikern wie „Der Schakal“ und „Die Akte Odessa“ hat das nichts mehr zu tun.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Stuttgart - Frederick Forsyths neuen Roman „Der Fuchs“ als vielleicht schlechtesten Thriller dieses Jahres zu bezeichnen, ist natürlich nicht wirklich möglich. Wer wollte einen solchen Überblick über die Neuerscheinungen haben, um das zu beurteilen? Aber Frederick Forsyth ist auch nicht irgendjemand, sondern einer jener Thrillerautoren, die das Genre nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich geprägt haben. In dieser Liga darf der Leser schon etwas mehr erwarten als diese lieblos heruntergeratterte Aneinanderreihung von Episoden aus der modernen Welt der Geheimdienste, die ohne den berühmten Namen vermutlich keinen Lektor ernsthaft überzeugt hätte.

 

Wohlgemerkt: Der Plot an sich ist nicht einmal so schlecht: Der britische Geheimdienst gerät an den höchstbegabten jungen Luke Jennings, der in der Lage ist, moderne, digitale Sicherheitssysteme und Firewalls zu knacken und nutzt diese humane Digitalwaffe, um den sinistren Schurkenstaaten dieser Welt das böse Treiben ein bisschen zu erschweren. Mit einer ordentlichen Portion schwarzen, britischen Humors und Liebe zum Detail hätte daraus ein unterhaltsamer Thriller werden können.

Digitale Wunder bleiben unerklärt

Stattdessen serviert Forsyth einen knochentrockenen Text, der lediglich an der Oberfläche aller Themen kratzt und das gesamte Potenzial verschenkt. Ein Beispiel? Bei manchen Firewalls existiert ein sogenannter Air Gap, bei dem die elektronischen Bestandteile zweier Systeme physisch nicht miteinander verbunden sind. Daten können nur von einem Mitarbeiter per Datenträger zwischen den Systemen ausgetauscht werden.

Doch anstatt sich ein spannendes Szenario auszudenken und sich dabei zum Beispiel vom Whistleblower Edward Snowden inspirieren zu lassen, der in seinem Buch „Permament Record“ beschrieben hat, wie es ihm gelungen ist, die Daten der NSA an den Sicherheitsprotokollen vorbei außer Haus zu schmuggeln, bekommt der Leser in „Der Fuchs“ lediglich lapidar mitgeteilt, Luke sei es gelungen, diesen Air Gap zu überwinden. Auch sonst bleiben die digitalen Wunder, die Luke Jennings vollbringt, eine schwarze Box. Sonstige verschenkte Gelegenheiten, den Leser mit Cliffhangern bei der Stange zu halten, wie etwa die Enttarnung von Verrätern in den eigenen Reihen und die Einsätze von Killerkommandos, sollen hier nur erwähnt sein.

Supergeheim und ultragefährlich

Stattdessen ergeht sich Forsyth in Superlativlyrik: Labore und Forschungszentren sind grundsätzlich supergeheim, Leibgarden ultraloyal, Raketenprototypen gigantisch und Scharfschützen immer die besten ihres Landes. Staatschefs und Diktatoren agieren auf dem Niveau von Handpuppen. Im Grunde bekommt der Leser das Exposé für eine mehrteilige Thrillerserie auf einem Streamingportal serviert. Das könnte durchaus funktionieren, wenn es von Drehbuchautoren und Schauspielern mit Leben erfüllt würde.

Und auf Zuschauer mit Retro-Faible trifft – denn unterm Strich ist Forsyths neuester Thriller vor allem hoffnungslos altmodisch. Wie moderne Thrillerstoffe am Puls der Zeit inszeniert werden, wissen wir seit „Homeland“. Dem Leser von „Der Fuchs“ bleiben da nur nostalgische Erinnerungen an Pageturner wie „Der Schakal“, „Die Akte Odessa“ und „Das vierte Protokoll“, mit denen Forsyth einst das Thrillergenre definiert hat.

Frederick Forsyth: Der Fuchs. Thriller. C. Bertelsmann Verlag München 2019. Hardcover 320 Seiten, 20 Euro.