Die Familie Marschall von Bieberstein hat das Hakenkreuz an ihrer Familiengrabstätte in Neuershausen bei Freiburg abbrechen lassen. Der CDU-Stadtrat Matern von Marschall hat damit auf Kritik von Opferverbänden reagiert.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Der Friedhof der Gemeinde Neuershausen, acht Kilometer westlich von Freiburg, ist hakenkreuzfrei. Bis vor wenigen Tagen zierte das Symbol der Nazidiktatur noch den Grabstein von Wilhelm Pleickart Marschall von Bieberstein (1890–1935). Der Spross eines uralten Adelsgeschlechts gehörte zu den Nazis der ersten Stunde, er war im Ersten Weltkrieg Flieger, danach Freikorpskämpfer, beteiligt am Kapp-Putsch gegen die Weimarer Republik und im Ruhrkampf.

 

Beim gescheiterten Putschversuch von Adolf Hitler und Erich Ludendorff am 9. November 1923 rettete er seinen verletzten Kameraden Hermann Göring. Von 1930 an saß er für die NSDAP im badischen Landtag. 1935 kam er bei einem Flugzeugabsturz in Pommern ums Leben und wurde in Neuershausen auf dem Friedhof begraben. Das Hakenkreuz auf seinem Grabstein wurde nun von einem Steinmetz fachmännisch „gebrochen“. Der Enkel Alexander Marschall von Bieberstein sagt, Teile des Symbols seien zwar noch sichtbar, aber „das Hakenkreuz ist in seiner Ganzheit nicht mehr wirksam“. Es sei nicht alles weggeschlagen worden, weil es ein „zeitgeschichtliches Dokument“ sei, das man nicht einfach retuschieren könne.

Alexander Marschall von Bieberstein ist in der Familie verantwortlich für die Grabstätten. Er habe viele Gespräche mit Opferverbänden geführt, darunter mit der Freiburger Stolperstein-Initiative. Gemeinsam sei eine Lösung gefunden worden. Vielleicht wäre das Hakenkreuz in Gänze noch da, wenn nicht Alexanders Bruder in die große politische Arena getreten wäre: Matern von Marschall (51) – den Adelsnamen Bieberstein verwendet er öffentlich nicht – wurde im Oktober 2012 Bundestagskandidat der CDU im Wahlkreis Freiburg und im September 2013 Sieger im Dreikampf gegen den Platzhirsch Gernot Erler (SPD) und die grüne Kerstin Andreae. Als Bilder von dem Grabstein mit Hakenkreuz publik wurden, versprach der Kandidat eine rasche Lösung. Das historische Zeugnis sei zweitrangig „gegenüber der möglichen Kränkung auch nur eines einzelnen betroffenen Menschen angesichts dieses schrecklichen Symbols“, sagte er.