Nach einem dramatischen Unfall entwickeln drei Gründer aus Freiburg ein Notrufsystem, das Bikern bei einem Sturz das Leben retten soll. Das Geld für ihre Idee soll der Schwarm finanzieren.

Digital Desk: Jonas Schöll (jo)

Stuttgart/Freiburg - Es war ein Genickbruch, der die drei jungen Männer auf ihre Erfindung gebracht hat. Ein gemeinsamer Freund stürzte mit seinem Mountainbike im Wald und verletzte sich dabei lebensgefährlich. Bewusstlos blieb der Biker danach auf dem Boden liegen. Bis Wanderer ihn entdecken und den Rettungsdienst riefen, verging viel Zeit. „Was wäre gewesen, wenn nicht zufällig jemand vorbeigekommen wäre?“, fragt Alexander Schumacher.

 

Der 36 Jahre alte Ingenieur ist selbst Mountainbiker und kennt die Gefahren dieses Sports. Gemeinsam mit zwei Freunden – Andreas Botsch (34) und Malte Buttjer (30) – tüftelte er an einer Lösung des Problems. Das Ergebnis: Ein elektronisches Notrufsystem, das Radlern im Ernstfall helfen soll.

Die drei Gründer aus Freiburg liegen mit ihrer Idee im Trend. Heute sind Autos vernetzt, genau wie Traktoren und Lkw. Das Notrufsystem eCall etwa gehört seit Frühjahr europaweit zur Pflichtausstattung für alle neuen Autos. Mit diesem System werden Rettungskräfte bei Unfällen automatisch gerufen. Der Fahrzeugbesitzer kann dabei wählen, ob ein Notruf an die europäische Notrufnummer 112 oder die Zentrale eines Drittanbieters, zum Beispiel des Pkw-Herstellers, übermittelt werden soll.

Die App setzt einen Notruf ab

Beim Fahrrad, das zahlenmäßig das Auto als Verkehrsmittel in Deutschland verdrängt, schreitet die Digitalisierung hingegen eher stiefmütterlich voran. Mit ihrer Erfindung „Tocsen“ wollen die drei Freiburger Jungunternehmer genau hier ansetzen: Es handelt sich bei ihrem Projekt um eine Kombination aus Sturzsensor und App. Der kleine Sensor wird an einem Fahrradhelm befestigt und misst bei einem Sturz, wie der Fahrer gefallen ist und wie stark der Aufprall war. Ist der Wert ungewöhnlich hoch, fragt die App auf dem Smartphone nach, ob alles in Ordnung ist – und setzt automatisch den Notruf ab, falls die Antwort ausbleibt.

Die „Tocsen“- Erfinder wollen ihr Produkt künftig auf dem Markt für breitere Käuferschichten einführen. Wie die Erfolgsaussichten dafür stehen, vermag David Eisenberger vom Zweirad-Industrie-Verband nicht einzuschätzen. „Allgemein lässt sich sagen, dass dies ein interessantes Produkt ist“, sagt Eisenberger. Der Experte kann sich vorstellen, dass damit Fahrrad- oder E-Bike-Fahrern geholfen werden könnte, „gerade wenn der Unfall unbeobachtet bleibt und Hilfe nicht sofort zur Verfügung steht oder gerufen werden kann“. Ihren Sturzsensor möchten die drei Erfinder irgendwann auch in der beliebten Vox-Show „Die Höhle der Löwen“ vorstellen.

Die Crowd soll bei der Finanzierung helfen

Einen besonderen Mehrwert sehen die Jungunternehmer in einer großen Gemeinschaft aus Nutzern. Denn die Biker sollen mittels App miteinander verknüpft werden. Im Ernstfall geht der Notruf auch an alle Radler des Netzwerks, die sich in näherer Umgebung befinden. „Je mehr Menschen ‚Tocsen’ nutzen, umso Größer die Wahrscheinlichkeit, dass jemand schnell am Unfallort ist“, sagt Mitgründer Andreas Botsch.

Um das Geschäft ins Rollen zu bringen, starten die drei Jungunternehmer im November eine Crowdfunding-Kampagne, um Geld von Unterstützern zu sammeln. 25.000 Euro benötigen die drei für die Produktion. Die Kampagne läuft vom 1. bis zum 30. November auf der Plattform „Startnext“. Dort können Unterstützer als Prämie einen Tocsen-Sturzsensor vorbestellen. Die Technik des Sensors sei bereits entwickelt und alle Prototypentests erfolgreich abgeschlossen. Anfang des zweiten Quartals 2019 sollen die „Tocsen“ lieferfertig sein.

In diesem Video stellen die Jungunternehmer ihr Produkt vor: