Das einst zwischen der EU und den USA geplante Freihandelsabkommen TTIP ist klinisch tot. Die EU-Kommission hat aber längst neue Handelsabkommen mit anderen wichtigen Wirtschaftsräumen in Arbeit.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Wenn Donald Trump zum Wirtschaftsforum nach Davos reist, ist allen klar: Freihandel steht nicht auf der Agenda des US-Präsidenten. In seinen ersten beiden Amtsjahren hat zwar noch nie ein Regierungschef aus den USA ein Freihandelsabkommen abgeschlossen. Doch bei dem „America first“-Politiker hat auch niemand so recht die Hoffnung, dass er in den Jahren danach auch nur die Gespräche mit der Europäischen Union über ein Abkommen mit Europa wieder aufnimmt. TTIP ist klinisch tot, obwohl weder die USA noch die EU das Abkommen offiziell beerdigt haben. Wenn irgendwann ein neuer Anlauf unternommen werden sollte, wäre wohl ein neuer Name fällig. TTIP gilt wegen der massiven Proteste als nicht mehr tragfähig.

 

Um Ceta ist es ruhiger geworden

Auch gegen Ceta, das Abkommen der EU mit Kanada, wurde viel demonstriert. Doch da ist es ruhiger geworden. Ceta ist seit September vorläufig in Kraft, zehn von 28 EU-Mitgliedstaaten haben es bereits ratifiziert. Und auch Deutschland könnte bald grünes Licht geben. Im Sondierungspapier von Union und SPD bekennen sich die Parteien, die möglicherweise bald in Koalitionsgespräche eintreten, zu Ceta. Einigermaßen geräuschlos hat die EU-Kommission unterdessen ihrerseits die Freihandelsagenda voran getrieben. Der Handelsexperte der CDU im Europaparlament, Daniel Caspary, sagte: „Ich freue mich, dass wir Europäer nicht da sitzen wie die Affen und die Augen zuhalten, sondern den Spielraum in der Welt nutzen, den uns die Amerikaner mit Trump lassen.“ Es gehe für die EU darum, die Globalisierung aktiv zu gestalten.

Die Handelspolitik der Kommission hat auch Rückenwind bekommen aus Luxemburg. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Mai am Beispiel des Singapur-Abkommens geprüft, welche Kompetenzen in Europa liegen und bei welchen Themen die Mitgliedsländer und deren Parlamente Mitsprache beanspruchen können. Heraus kam, dass die Kommission viele Themenfelder, die Globalisierungsgegner ihr streitig machen, für sich reklamieren kann: So hat die EU die alleinige Kompetenz, wenn es um den Handel mit Waren und Dienstleistungen geht, um den Umweltschutz sowie um ausländische Direktinvestitionen. Eine rote Linie zogen die Richter in ihrem Gutachten beim ewigen Streitthema Schiedsgerichtsbarkeit und Investorenschutz. Da erkannten die Richter, dass auch die Mitgliedstaaten mitreden dürfen.

EU-Kommission hat Konsequenzen gezogen

Die Kommission hat daraus Konsequenzen gezogen: Das fertige Abkommen mit Singapur wurde noch einmal überarbeitet, der Investorenschutz wurde ausgeklammert. Das EuGH-Gutachten, das die Kommission als bindend ansieht, hat für Klarheit gesorgt. Dadurch sollte es künftig schneller gehen, Abkommen in Kraft zu setzen.

Darüber hinaus kann die Kommission so gut wie fertige Abkommen mit Singapur, Vietnam und Japan vorweisen. Das Abkommen mit Japan wird gerade übersetzt und geht dann an die Mitgliedstaaten und ans Europa-Parlament. Die Verträge können in Kürze ratifiziert werden. Auch in Lateinamerika gibt es Bewegung in der Handelspolitik: Die nächsten Verhandlungsrunden zwischen der EU-Kommission und den Ländern, die sich im Mercosur zusammen geschlossen haben, sowie mit Mexiko stehen noch im Januar und im Februar an. Im Fall von Australien und Neuseeland hat das Parlament der Kommission grünes Licht gegeben. Die Verhandlungen können starten.

Zwei Schwierige Partner in Asien

China und Indien bleiben schwierige Partner. Und das, obwohl sie wirtschaftlich immer enger mit Europa verwoben sind. Im Fall von China laufen Gespräche über ein Investitionsabkommen. Die letzte Runde war im Sommer, ein Datum für das nächste Treffen gibt es nicht. Mit Indien wird immerhin über ein umfassenderes Freihandelsabkommen schon seit 2007 verhandelt. Die nächste Runde auf Ebene der Chef-Unterhändler soll noch im ersten Quartal stattfinden.