Weil Clubs geschlossen sind, zieht es DJs nach draußen. Für die Idee des Club Kollektivs, auf dem Kleinen Schlossplatz zu feiern, waren die Hürden zu hoch. Am Neckarufer von Fridas Pier geht dies umso besser, wie die Partyreihe Lovepop zum CSD-Abschluss vorführt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Ahoi Stuttgart! Auf dem Neckar ziehen sieben Motorboote mit wehenden Regenbogenfahnen an Fridas Pier vorbei. Auf dem Festland wird an diesem Abend die Vielfalt der Liebe gefeiert – und bestimmt gehört die Neckarliebe ganz fest dazu.

 

Nach 18 Monaten Zwangspause melden sich die Veranstalter Dirk Wein und Till Scheurle zum Abschluss des Christopher Street Days (CSD) in Stuttgart mit Lovepop in der Nacht zum Montag zurück. In der 13-jährigen Geschichte dieser Reihe mit wechselnden Locations vom Club Prag bis zum White Noise ist es die erste Open-Air-Ausgabe. Das Comeback, wegen Corona ins Freie verlegt, ist auf große Resonanz gestoßen. Innerhalb weniger Stunden war der Online-Vorverkauf beendet. Denn dann waren alle Karten weg – abgesehen von denen, die für die Tageskasse zurückgehalten wurden.

„We love, what we live, we live, what we love“

Das Motto dieser Veranstaltung lautet: „We love, what we live, we live, what we love.“ Wir lieben, was wir leben, und wir leben, was wir lieben. Es ist ein Hoch auf die Diversität. Die Liebe der diversen Clubgänger für Musik ist auf eine harte Probe gestellt. Seit Anbeginn der Coronakrise im März 2020 sind die Clubs geschlossen. Nur im Freien ist was möglich, weshalb das Club Kollektiv, der Zusammenschluss der Stuttgarter Clubs, die Idee hatte, den Kleinen Schlossplatz und das Eiermann-Areal zu bespielen. Aus dem Kleinen Schlossplatz wird nichts, dafür waren die Hürden zu hoch, und bei den Behörden war wohl die Angst vor Lärm zu groß.

Die alte EnBW-Kohleverladestation in der Nähe von Gaisburg, wo ein ausgedienter, umgebauter Frachtkahn zum Eventschiff wurde, ist weit entfernt von Wohnvierteln. Am Neckarufer dürfen DJane Femcat alias Femke Bürkle und DJ Martin Rapp also aufdrehen sowie DJane NiciNation und DJ NT auf dem Sonnendeck des fest verankerten Boots – aber nicht zu heftig, denn zum Tanzen sollen sie nicht aufspielen. Einen Dancefloor gibt es in der Pandemie nicht, auch nicht im Freien. Der Schiffsbauch ist wegen Corona geschlossen, aber der Außenbereich, also das Festland, und das Sonnendeck des Schiffes dürfen für Gäste genutzt werden.

Bereits um 16 Uhr sind fast alle Tische belegt

Clubabende im Freien müssen früher beginnen als drinnen. Während viele Clubgänger erst gegen 23 Uhr losziehen, muss es um diese Zeit in aller Regel im Freien schon vorbei sein. Was bei Lovepop auffällt: Bereits um 16 Uhr sind fast alle Tische belegt, die reserviert werden mussten. Mehrere Hundert Besucherinnen und Besucher sind also früh gekommen. Lovepop-Macher Dirk Wein freut sich über „eine entspannte Stimmung“ und über „nur fröhliche Menschen“. Für ihn ist der Abend am Neckar „eines der schönsten Feste in meiner fast 35-jährigen Veranstalterkarriere“. Das Publikum ist begeistert, auch wenn Tanzen allenfalls am eigenen Tisch möglich ist. Auf den Außenflächen darf Fridas Pier bis zum 1 Uhr geöffnet sein.

Die Betreiber von Fridas Pier bauen gerade 50 Luftreiniger ein

Die Betreiber des Eventschiffs hoffen, dass sie im Herbst ihren Club im Schiffsbauch wieder eröffnen können. Dafür bauen sie gerade 50 Luftreiniger ein. Die erweiterten Außenbereiche sind momentan donnerstags bis sonntags geöffnet. „Ohne Glamour und Glitter wird bei uns ganz entspannt gefeiert“, sagen die Lovepop-Veranstalter. Die Vielfalt des Publikums ist gewollt wie die Vielfalt der Musik. Die wechselnden DJs lassen Britney Spears auf Placebo treffen, Madonna auf Deichkind und Beyonce auf Marilyn Manson. Elektronik mischt sich mit Pophits.

„Baut wenigstens eine Bucht für Taxis“

Wer sich auf Fridas Pier umschaut, kann in dieser bunten Vielfalt nicht alle Gäste zuordnen und weiß nicht immer, wer nun „schwul, hetero, lesbisch, trans, bisexuell oder asexuell“ ist, wie von den Veranstaltern allesamt angesprochen. Beifall von fast allen gibt es, als die sieben Boote mit Regenbogenfahnen nach der Ehrenrunde auf dem Neckar direkt am Kahn zum Mitfeiern anlegen. „Wir wussten davon nichts vorher“, sagt Wein.

Die Stadt am Neckar, von der bereits OB Fritz Kuhn (Grüne) vor acht Jahren sprach, ohne dass allzu viel passierte, ist an dieser schönen Location weit fortgeschritten. 30 Parkplätze, von Fridas Pier finanziert, gibt es auf dem Wasenparkplatz P 10, am Schiff gibt es keine. Dafür sind viele Radstellplätze vorhanden. „Baut wenigstens eine Bucht für Taxis“, bittet ein Gast. Denn auch Taxis können vor diesem Partyhafen nicht anhalten.

Veranstalter Wein pendelt zeitweise zwischen Stuttgart und Berlin. In der Hauptstadt haben ihm Locations an der Spree immer sehr gut gefallen. Und deshalb ist er ein Fan von Fridas Pier, weil man hier Wasser erlebt wie nur an wenigen Orten von Stuttgart.