Viel Protest und ein bisschen Liebe gab es beim Valentinsstreik von Fridays for Future. Wir haben mit einem Paar gesprochen, das sich beim gemeinsamen Demonstrieren kennen und lieben gelernt hat.

Stuttgart - Das erste Treffen mit seinem Schwarm vergisst man nie. Auch Tim Naasz kann sich noch sehr genau daran erinnern: Als er seine heutige Freundin Rebecca Peiffer kennenlernte, lag die gerade auf dem Kopfsteinpflaster der Königstraße und stellte sich tot.

 

Was sich wie der Anfang einer sehr seltsamen Beziehung liest, ist der Grundstein einer bemerkenswerten Liebesgeschichte zwischen Demozug und Protestplakat: Die 16-jährige Schülerin aus Backnang und der 19-jährige Abiturient aus Kirchheim lernten sich in der Stuttgarter Ortsgruppe von Fridays for Future kennen. Gefunkt hat es zwischen den beiden bei einer Protestaktion während der langen Einkaufsnacht. „Wir haben einen Die-in veranstaltet, uns also auf den Boden gelegt und totgestellt“, erzählt Rebecca Peiffer von der Aktion. Mit der Protestform machen Klimaschützer weltweit auf die Problematik des Klimawandels aufmerksam. Damit die Leichen-Schauspieler von Passanten nicht übersehen werden, stehen ihnen andere Aktivisten als „Personenschützer“ zur Seite. Während der Kundgebung bildeten Peiffer und Naasz ein solches Aktionsteam und kamen ins Gespräch – heute sind sie nicht nur Mitglieder der gleichen Protestbewegung, sondern auch ein glückliches Liebespaar. Ihrer „Datingplattform“ Fridays for Future haben sie immer die Treue gehalten, auch am Valentinstag waren sie wieder auf dem Marktplatz aktiv.

Protest statt Rosen

Die Stuttgarter Ortsgruppe hatte am Freitag zum landesweiten Valentinsstreik gerufen. Den Klimaschutzaktivisten war ein „heißes Date mit Mutter Erde“ versprochen worden, rund 150 Menschen folgten dem Aufruf. Für Rebecca Peiffer und Tim Naasz ist das Engagement am Tag der Liebe kein Problem, aus dem Valentinstag machen die beiden sich ohnehin wenig. „Für mich ist der Valentinstag ein peinliches Event. Ich brauche diese Inszenierung und diesen Konsum an Geschenken nicht, um in einer Partnerschaft glücklich zu sein“, sagt Tim Naasz.

Viel wichtiger als Plastikherzen und rote Rosen ist ihnen der gemeinsame Protest für mehr Klimaschutz. Oder wie es Tim Naasz formuliert: „Dieser Wille, die Welt zu retten, hat uns zusammengebracht.“ Das gelte nicht nur für das Paar, sondern für die gesamte Ortsgruppe, ist der 19-Jährige überzeugt. „In diesem einen Jahr ist viel zusammengewachsen, die Liebe zur Erde hat enge Verbindungen geformt.“

Auch in schweren Zeiten sei die Umweltschutz-Familie für einen da. Im Dezember etwa, als die Teilnehmerzahlen ausdünnten und viele mit der Frage nach dem Sinn hinter ihren Protesten kämpften. In der Vorweihnachtszeit gab sich die Stuttgarter Ortsgruppe deswegen eine kleine Auszeit, der Advent wurde zur Zeit der Rückbesinnung bei Fridays for Future. „Unser Protest ist ein Marathon und kein Sprint“, fasst Pressesprecherin Nisha Toussaint-Teachout das Ergebnis zusammen.

Verhältnismäßig kleine Zahl an Teilnehmern

Die Kräfte des Protests sollen künftig bei einzelnen, monatlichen Veranstaltungen gebündelt werden. Mehr Zulauf gab es am Freitagmittag aber erst einmal nicht, es blieb bei einer verhältnismäßig kleinen Zahl an Teilnehmern. Für Rebecca Peiffer und Tim Naasz war der Streik dennoch ein Erfolg – ein erster gemeinsamer Valentinstag, ganz ohne Dinner-Date.